Es geht vor allem um die Liebe in diesem schönen Buch und um ein ganzes, vollständiges Leben, das erfüllt ist - und doch wieder nicht. Aber macht das nicht ein Leben aus? Ein Buch, das ich nicht missen möchte. Die Bücher des Autors, John Williams (1922 - 1994) gerieten lange in Vergessenheit und wurden nun wiederentdeckt - was für ein Geschenk.
Will Stoner, der Hauptprotagonist, wächst in ärmlichen Verhältnissen auf dem Hof seiner Eltern auf. In einer Familie, in der nicht viele Worte gesprochen werden. Sie arbeiten zusammen, teile die Stube miteinander und essen miteinander. Die Eltern wollen, dass Stoner Landwirtschaft studiert. Damit soll er den Hof übernehmen können und ein zukunftsträchtigeres Leben haben, als sie es leben.
Er geht zur Universität, entdeckt seine Liebe zu Sprache und Literatur und entscheidet sich, das Landwirtschaftsstudium aufzugeben und Literatur zu studieren. Das teilt er seinen Eltern nicht mit, bis zu seinem Abschluss. Sie akzeptieren diesen Entschluss. Die Zusammengehörigkeit und die Zuneigung untereinander ist im ganzen Buch spürbar. Allerdings auch still - das ganze Buch ist still gehalten, was seine ganz besondere Faszination ausmacht und einen auch vollständig hineinnimmt in diese Stille.
Nach dem Abschluss beginnt Stoner an der gleichen Universität zu studieren. Er liebt die Sprache, das Lehren, die Literatur. Er lernt eine junge, stille Frau - Edith - kennen, verliebt sich in sie und sie heiraten. Auch hier ist bezeichnend, wie still das geht. Nach der Heirat verhält sich Edith abweisend. Sie beginnt, ihren Mann herabzusetzen und zu demütigen. Das dauert die ganze Zeit über an. Stoner duldet still alle Erniedrigungen, zieht sich zurück, hält aber zu seiner Familie. Einzig bei seiner Arbeit wehrt er sich, für sich selbst und für die Sprache - das bleibt von seinem Entschluss, Literatur zu studieren bis zu seinem einsamen Tod. Zuneigung erfährt er in gewissem Mass von seinen Eltern, von einem Professor an der Uni, seiner Tochter Grace und seiner Liebe zu einer anderen jungen Frau, bei der sich sogar zeigt, dass er zu Unbefangenheit fähig ist.
- William Stoner wusste, dass ihre (Ediths) Worte ihm galten. Und irgendwie wusste er im selben Moment auch, dass Edith ihm, ohne es zu wissen, ohne es zu beabsichtigen oder es wirklich zu begreifen, eine neue Kriegserklärung zu machen versuchte.
- Während dem zweiten Weltkrieg: Ein Teil von ihm schreckte instinktivem Entsetzen vor der täglichen Sinnlosigkeit zurück, dem Übermass an Zerstörung und Tod, mit dem Herz und Verstand unerbittlich konfrontiert wurden: wieder einmal sah er den Fachbereich dezimiert, sah junge Männer die Seminarräume verlassen, sah den gequälten Blick in den Gesichtern jener, die blieben und sah in ihren Augen den langsamen Tod des Herzens, den bitteren Verschleiss von Mitgefühl und Fürsorge.