Mein Lese-Highlight in diesem Jahr - eine Geschichte um Freundschaften, Leben, Liebe und was sie ausmacht und aushalten oder auch nicht.
Das eine grosse Thema ist die Liebe, dem sich die Erzählerfigur Leo Hertzberg im Rückblick auf die Lebensgeschichte, bei der nicht seine eigene im Fokus steht. Vielmehr ist es die Paar- und Elterngeschichte und die Freundschaft zwischen den jeweiligen in New York lebenden Künstlerpaaren. Leo und Erica sind verheiratet, haben einen gemeinsamen Sohn. Bill (William Wechsler) hat mit seiner ersten Frau Lucille einen Sohn Mark und ist schliesslich in zweiter Ehe mit Violet verheiratet.
Bill ist im ganzen Roman die Figur, die im Mittelpunkt steht, Leo, dessen bester Freund, ist der Betrachter, Beobachter. Bill malt und widmet sich vor allem Installationen. Diese Installationen sind oft ganz im Detail beschrieben - durch Leos und Bills Augen. Sie werden einem so nah gebracht, dass man sie förmlich sehen kann. Das ist keineswegs langweilig, die Werke sind sehr lebendig und tragen wesentlich dazu bei, dem Geschehen, dem Leben der Familien ein Gesamtbild zu verleihen. Das Leben der Paare, das was ihre Liebe herausfordert, die enge Freundschaft insbesondere zwischen Bill und Leo, aber überhaupt zwischen den Paaren - es ist ein ernster, in die Tiefe gehender Roman. Was ein Drama mit dem Leben und den Beziehungen der Protagonisten auslöst, die Frage, wie weit die Liebe von Eltern zu ihrem Kind gehen kann. Das Leben von Intellektuellen, die sich in unterschiedlichen Wissensbereichen bewegen. Neben der dem Bildnerischen nimmt auch Violets Beschäftigung mit psychopathologischen Themen Raum. Alles hat Platz und wirkt nicht überladen, da eines nach dem anderen kommt. Dabei zeigen sich die verschiedenen Aspekte, wie die Liebe gelebt wird, wie sie sich verändert, entwickelt, vergeht. Auch das zweite Drama wirkt nicht konstruiert, obwohl es fast als Psychothriller durchgehen könnte.
Für mich war es in diesem Jahr eindeutig das grösste Leseerlebnis. Siri Hustvedts Sprache ist schön und sie nimmt einen mit. Jedesmal, wenn ich im Buch weiterlas, dachte ich spätestens auf der zweiten Seite “genau deshalb, mag ich dieses Buch so sehr” und wenn ich in der Nacht erwacht bin “jetzt möchte ich weiterlesen”.