Wer einen 600-seitigen Roman damit beginnt, das ein Kind sterben soll, spielt mit höchstem Einsatz. Der englische Autor Chris Whitaker hat es gewagt und mich geflasht zurück gelassen. Patch wurde nur mit einem Auge geboren und trägt eine Augenklappe wie ein Pirat. Der 13-jähriger Aussenseiter wird entführt als er versucht seiner grossen Liebe das Leben zu retten. Eingesperrt in einen stockdunkeln Raum glaubt er ganz alleine zusein, bis er dann eine Hand in seiner fühlt - die Hand von Grace. Er stellt sich Grace in vielen verschiedenen Farben vor, den sie versetzt Patch mit ihren Erzählungen und grossen Wissen in eine farbenfrohe Welt die er tief in sich verankert und nicht mehr loslassen will. Grace ist sein Licht in der Dunkelheit. Draussen bricht für Saint, Patch’s beste Freundin, eine Welt zusammen. Mit allen Mitteln versucht sie Patch zu finden, denn Aufgeben kommt für sie nicht in Frage. Nach mehreren Monaten gelingt es ihr, den Ort ihres Freundes zu erörtern und bringt sich dabei selber in Gefahr. Patch wird befreit, doch der Entführer entkommt und die Polizei kann ihn nicht finden. Grace ist ebenfalls verschwunden. „ Als er später an jenem Vormittag sterbend im Wald lag, bewahrte er den Morgen in seinem Herzen, bis die Farben verliefen, denn er wusste, dass er so schön gar nicht gewesen sein konnte. Nicht in seinem Leben war je so schön“ (Abschnitt aus dem Buch) Niemand ausser Saint möchte Patch Glauben schenken, wenn er von Grace erzählt. Er kann aber Grace nicht vergessen, er hat ihr versprochen sie zu finden: Er muss Grace finden und retten, auch wenn die Suche über Jahre dauern würde und ihn durch ganz Amerika treibt. Chris Whitaker schreibt hier von einem düsteren Kriminalfall und doch ist es ein Roman und kein Krimi, denn das Verbrechen dient mehr als Nebenschauplatz. Der Fokus richtet sich auf das Emotionale und Menschliche und erzählt, was die Erfahrungen mit den Figuren macht. Das Buch ist komplex aber sehr gut durchdacht. Intensiv, episch und unvergesslich.