Die Neuauflage einer Agatha Christie Geschichte rund um den belgischen Privatdetektiv Hercule Poirot soll mit alten post-kolonialen Verhaltensmustern und rassistischen Stereotypen brechen. Dazu trifft sich eine illustre Gruppe von Drehbuchschreibenden und Produzierenden in London. Mit dabei, die deutsch-indische Autorin Druga. Als diese unverhofft durch eine Zeitschleife ins India House in London anno 1906 gerät und als junger Sanjeev in die indische Widerstandsbewegung involviert wird, beginnt ein Abenteuer, dass sich auf das neue Poirot Drehbuch doch nur positiv auswirken kann. Oder?
Ein Insidertipp gleich zu Beginn: Im Abspann des Buches listet die Autorin alle Figuren mit einer kurzen Beschreibung und ihrem historischen Kontext auf. Ein Blick zu Beginn der Lektüre lohnt sich auf jeden Fall.
Mithu Sanyal liefert mit Antichristie ein grandioses Werk, das alles bietet, was ein gutes Buch braucht. Die Mischung aus Realität und Fiktion ist hervorragend umgesetzt und bedingt, dass man als Leserschaft wirklich in das Thema des Britischen Kolonialismus eintaucht. Die Geschichte wechselt immer wieder zwischen den Zeiten und verlangt entsprechend Aufmerksamkeit. Als Gegenleistung bekommt man Einsicht in verschiedene Perspektiven und Aspekte der indisch-englischen Beziehung, deren man sich oft nicht bewusst war.
Sanyals Figuren, die realen wie die fiktiven, sind präzise ausgearbeitet und verfügen über jeweils ganz individuelle Charakteristiken, welche die Autorin bis in die Sprechgewohnheiten hinein perfektioniert hat. Ein wahrer Lesegenuss! Generell bewegt sich dieses Buch sprachlich auf ganz hohem Niveau, und doch lässt es sich gut lesen. Mithu Sanyal versteht ihr Handwerk offensichtlich.
Thematisch nahe am Zeitgeschehen ist Antichristie ein wichtiges Buch gegen das Vergessen und für ein multikulturelles Zusammenleben. Dringende Leseempfehlung.