Annika scheint ein gutbürgerliches Leben zu führen, mit einem umweltbewussten Ehemann und einem kleinen Schreibwarengeschäft in Lübecks Altstadt. Doch Annika hat auch eine Vergangenheit. Eine Vergangenheit in der Hausbesetzerszene Hamburgs in den 1980er Jahren. Als die Klimaaktivistin Luzie unverhofft in Annikas Leben tritt, kommen die tragischen Bilder von damals wieder hoch.
Katrin Bursegs neuer Roman ist ein klassisches Meine Vergangenheit holt mich ein Buch, das einen nach und nach an die Ereignisse von damals heranführt. Die aktuellen Episoden aus der Klimaszene sind genauso detailliert geschildert, wie die historischen Ereignisse in Hamburg. Das macht die Geschichte farbig und lebendig. Der Einstieg zieht sich teilweise etwas gar in die Länge und es dauert viele Seiten, bis die eigentliche Geschichte – die um Milena – endlich thematisiert wird. Hier wäre ein bisschen weniger mehr gewesen.
Sobald der zweite Erzählstrang eingeführt ist, gewinnt das Buch rasch an Tempo und Qualität und wird zu einem richtigen Page-Turner. Die Autorin hat einen flüssigen Erzählstil und schafft es auch, die vielen direkten Reden gekonnt einfliessen zu lassen. Darüber, dass sich am Ende ein paar Ereignisse noch ein wenig zu dramatisch zu überschlagen drohen, kann man getrost hinweglesen.
Die Figuren präsentieren sich solide, wobei vor allem Annika und Luzie etwas detaillierter charakterisiert werden, während die anderen Charaktere teilweise ein bisschen blass daherkommen. Nichtsdestotrotz fügen sie sich gut ins Gesamtbild ein und verleihen den beiden Erzählsträngen einen guten Kontext.
Tage mit Milena bietet einiges, was ein gutes Buch bieten sollte: einen spannenden Plot mit fundierten Einblicken in die Realitäten der Hauptfiguren, einen ansprechenden Stil und immer wieder kleine Einschübe, die einen über die eigenen Werte reflektieren lassen.