Humorvoll, warmherzig und lebensklug setzt Katja Oskamp in «Marzahn, mon amour» den Bewohnern Marzahns ein Denkmal – und sich indirekt mit ihrer Midlife-Crisis auseinander.
Es sind genau diese Zeit und das Gefühl, verloren zu sein, unsichtbar zu sein, die sie, zusammen mit ihrer damals stagnierenden Karriere als Schriftstellerin, dazu bewegen, sich ausbilden zu lassen zur Fusspflegerin. Sie beginnt in einem Studio in Marzahn zu arbeiten. Von ihren Erlebnissen dort, den Menschen, die sie dort trifft, kennenlernt und behandelt, erzählt sie in anekdotenreichen, meist etwa acht Seiten kurzen Kapiteln.
Ihre Klientel ist zumeist schon im Rentenalter, hat hart gearbeitet, ist trotzdem nicht reich geworden und hat viel erlebt (Krieg, DDR, Mauerfall, persönliche Tiefschläge etc.). Oskamp schreibt respektvoll von ihnen allen, findet eine zweite Berufung in dem kleinen Studio und wirft in den sechs folgenden Jahren das Bittere ab, das sich ihr anhaften wollte. Sie schreibt autofiktional, als Ich-Erzählerin, gibt die Aussagen der Kundschaft berlinernd und sächselnd wieder, ist nahbar in ihrer Sprache und trotzdem verspielt und manchmal auch poetisch.
«Marzahn, mon amour» ist eine kraftspendende, tiefe Zufriedenheit schenkende Lektüre.