“Yoko” ist ein Buch, das sich durch einen sehr schnellen Erzählrhythmus und kurze Kapitel auszeichnet. Die Geschichte beginnt sofort und wirft den Leser ohne grossen Aufbau direkt ins Geschehen. Diese Art des Einstiegs kann zwar für manche Leser reizvoll sein, lässt aber wenig Raum für ein tieferes Verständnis der Charaktere und ihrer Umgebung. Leider bleibt dabei das Charakter-Building weitgehend auf der Strecke, sodass ich mich nicht wirklich in die Protagonistin hineinversetzen konnte.
Der Schreibstil ist eher schlicht und für meinen Geschmack etwas zu einfach gehalten. Die Art, wie Gedanken und Gespräche dargestellt werden, gefiel mir ebenfalls nicht besonders, da den Dialogen oft die nötigen Emotionen fehlen. Dies trägt dazu bei, dass die Beziehungen zwischen den Charakteren unglaubwürdig wirken und man als Leser nicht wirklich mitfiebert. Auch die Versuche des Autors, überraschende Wendungen einzubauen, wirken oft aus der Luft gegriffen und wenig durchdacht.
Ein weiteres Problem des Buches ist seine Vorhersehbarkeit. Es ist relativ schnell klar, dass Yoko als Metzgerin die Menschen mit dem Messer umbringt, und auch andere Handlungsstränge lassen wenig Raum für Spekulationen. Zudem scheint Yoko oft schnelle Schlüsse zu ziehen und handelt, ohne gross über die Konsequenzen nachzudenken. Dass ihre Pläne immer ohne grössere Komplikationen aufgehen, verstärkt den unrealistischen Eindruck, den die Geschichte hinterlässt. Um wirklich Spannung aufzubauen, sollte eine Handlung zumindest ein gewisses Mass an Realitätsnähe bewahren, was hier leider nicht der Fall ist.
Das Buch behandelt zudem sehr brutale Themen, die nichts für schwache Nerven sind. Eine Triggerwarnung vor Vergewaltigung und Kindesmissbrauch wäre hier absolut notwendig. Die explizite Brutalität und die schweren Themen sind jedoch nicht gut in die Handlung integriert, was es für mich noch schwieriger machte, eine emotionale Verbindung zur Geschichte aufzubauen.
Ein besonders unlogischer Aspekt ist, dass die einzige Person, die Yoko kritisiert und ihr klar macht, dass Selbstjustiz falsch ist, als alkoholsüchtig dargestellt wird und ihre Aussagen von Yoko leichtfertig abgetan werden. Auch die Entwicklung von Yokos Beziehung zu ihrem Vater ist widersprüchlich: Anfangs spricht sie liebevoll von ihm, nur um ihn später zu verachten, während sie am Ende dennoch Teile ihres neuen Lebens nach seinen Vorstellungen ausrichtet.
Alles in allem konnte mich “Yoko” nicht überzeugen. Trotz des schnellen Tempos und der kurzen Kapitel, die das Buch zumindest zügig lesbar machen, baut sich keine wirkliche Spannung auf. Die Geschichte wirkt vorhersehbar, die Dialoge sind emotionslos, und die Charaktere bleiben blass. Für Leser, die tiefere Einblicke in die Psyche der Protagonisten und realistischere Handlungsverläufe schätzen, ist dieses Buch eher enttäuschend.