Lustigerweise bin ich zuerst auf die französische Ausgabe auf dieses Buch aufmerksam geworden. Insbesondere wegen dem wunderschönen Cover. Und als die deutsche Übersetzung raus kam, mit Farbschnitt, habe ich nun beide Ausgaben bei mir im Regal stehen. Ich lese generell eher wenig Bücher, die sehr traurig sind, aber dieses hier hat mich doch interessiert. Vor allem, weil der verstorbene Sam ans Telefon geht. Ich wollte daher wissen, wie der Autor dies gelöst hat.
Julie ist seit Sam’s Tod kaum noch richtig ansprechbar und hüllt sich in ein Kokon ein. Sie lässt niemanden an sich ran, blendet alles aus und ignoriert jeden. Sie zwingt sich quasi Sam so schnell wie möglich zu vergessen und wirft kurzerhand alles von ihm weg. Was sie später aber bitter bereut, da die Sehnsucht nach ihm sie übermannt. Um ein wenig Trost zu finden, ruft sie einfach seine Nummer an. Unerwartet hebt Sam aber auf der anderen Leitung ab…
Der Verlust eines geliebten Menschen ist immer schwer und jeder geht anders mit Trauer um. Bei Julie war es so, dass sie niemanden mehr an sich ranlässt und nicht mehr an ihr eigenes Leben denkt. Seit sie mit Sam telefonieren kann, versteht sie zwar nicht, wie das möglich sein soll, aber sie nutzt diese Chance und ruft ihn täglich an. Sie erzählt ihm von ihrem Tag, will aber auch wissen, wie es ihm geht und wo er gerade ist. Ich fand diese Idee eigentlich ganz cool. Eine Art zweite Chance, aber übers Telefon. Die Umsetzung hingegen konnte mich leide nicht überzeugen. Hauptsächlich lag es tatsächlich an Julie. Ich konnte mit ihrer Art nicht umgehen. Auch wenn ich ihre Trauer nachempfinden konnte, verstand ich dennoch des öfteren ihre Entscheidungen nicht. Einige Szenen machten für mich auch irgendwie kein Sinn. Was ich aber gelungen fand, war die Tatsache, dass auch ihre Freunde und Familie mittrauerten, sie es aber vollkommen ausgeblendet hat. Sie wurde damit konfrontiert und hat eingesehen, dass sie auch auf diese Weise Menschen verlieren kann. Julie plagt auch das schlechte Gewissen, wegen Sam als auch wegen ihrer Freunde. Im Grunde war sie hie und her gerissen und wusste gar nicht, ob sie Sam ihrer Freunde vorziehen soll. Obwohl sie eigentlich weiss, dass Sam nicht mehr da ist. Julie tat sich richtig schwer, sich von Sam zu verabschieden. Natürlich kann man dies nicht sofort tun, für diesen Schritt braucht es immer Zeit. Ich empfand ihre Denkweise aber eher lästig und nervig.
Sehr interessant fand ich auch die Sprünge in die Vergangenheit, wie sie und Sam gemeinsam etwas erlebt haben. Pläne schmiedeten, wie sie sich kennenlernten, was ihre Stärken und Schwächen sind. Zuerst hatte ich damit Mühe, gerade weil es zu Beginn des Buches so angefangen hat. Danach aber konnte ich mich daran gewöhnen und las diese Stellen sehr gerne.
Mika, Oliver und Tristan sind tolle Nebencharaktere. Meiner Meinung nach haben sie mehr Tiefe gehabt als Julie, weswegen ich die Nebencharaktere mehr mochte als sie. Jeder von ihnen spielt eine grosse Rolle in ihrem Leben, der sie auf einer Art und Weise führt. Bis dahin musste Julie aber wieder lernen, dass sie sich ihr wieder emotional nähern können und dürfen. Es war ein sehr langer Prozess, bis Julie ihr Leben wieder in den Griff bekam und auch einiges einsah, was Sam und ihre Freunde ihr sagen wollten.
Emotional hat mich das Buch zwar aufgewühlt, aber ich vergoss keine Tränen. Die einzige Stelle, die mich sehr berührt hat, waren Sam’s Abschlussworte. Schlussendlich brauchten beide einander, um einander loslassen zu können.
Ich kann absolut nachvollziehen, warum viele dieses Buch lieben. Der Schreibstil ist feinfühlig und schön, die Atmosphäre sehr melancholisch, die die Geschichte aufgreift und es sich bis zum Ende zieht. Für mich war es aber leider nichts und daher den Hype nicht wirklich wert.