In dem Thriller »Hast du Zeit?« befasst sich Andreas Winkelmann sehr intensiv mit dem Thema »Zeit«. Der Täter beschwert sich darüber, dass ihm die Zeit »gestohlen« wurde. Er will sich rächen und ist bereit, dafür zu töten. Nach welchen Kriterien wählt er die Personen aus? Das ist aus meiner Sicht ein skurriler Ansatz. Bei einigen ist es offensichtlich, warum er sie ausgewählt hat. Bei anderen vermissten Personen kann ich keine Verbindung herstellen. Hierzu haben mir die Beweggründe des Täters gefehlt.
Lars Erik Grotheer, ehemaliger Bundestagspolizist und mittlerweile in Rente, sowie Lilly Costanzo lernen wir im weiteren Verlauf näher kennen. Diese beiden Figuren sind die Protagonisten in diesem Thriller. Sie vermissen einen lieben Menschen. Lars Erik, der zu seiner Tochter Michelle Burghardt nach langer »Sendepause« wieder Zugang gefunden hat. Lilly vermisst ihre Lebenspartnerin Felicitas Möller.
Bei Angehörigen von einigen Vermissten tauchen Sanduhren auf. Was hat das für eine Bedeutung? Die Angehörigen sind irritiert und haben kein gutes Gefühl.
In eingeschobenen Kapiteln, die immer mit der Überschrift »Hinter der Zeit« beginnen, erzählt der Täter in Monologform über seine Gefühlslage. Es dreht sich dabei alles um ein und dieselbe Person: Hannah. Wer ist das – eine Verwandte oder Bekannte? Warum hat er sich immer um sie gekümmert und ihr seine Zeit geopfert? Ist sie krank? Nach und nach kommen wir der Lösung näher. Und plötzlich ist sie nicht mehr da. Ein sehr starkes Setting.
Nicht nur die Gefühle des Täters können wir im weiteren Verlauf besser verstehen und einordnen, auch in die Psyche der Entführten lässt uns der Autor tief blicken. Wir erfahren ein grausames Finale, was auf einen tief traumatisierten und psychopathischen Menschen schließen lässt.
Winkelmann hat als Grundlage für seinen Thriller ein Thema (Zeit) gewählt, dass zum Nachdenken anregt.
Einmal drin in der Handlung – und das geschieht schon auf den ersten Seiten – »fliegt« man durch den Inhalt. Verschiedene Erzählperspektiven sorgen zusätzlich für Spannung, die zum richtigen Zeitpunkt auf die Spitze getrieben wird.
Von Beginn an hat Winkelmann in seinen Kapiteln bei der Leserschaft für Verwirrung gesorgt. Das trifft insbesondere auf das Mitwirken vieler Figuren zu, wobei die meisten keinen Bezug zueinander haben. Das macht es nicht gerade einfach, den Überblick zu behalten.
Bei der Kapitellänge setze ich mehr auf Kontinuität, was hier nicht gegeben ist. Einmal sind sie überschaubar kurz, dann wieder lang. Endet ein Kapitel mit einem Cliffhanger, wünsche ich mir kurze Kapitel zur Fortsetzung des Handlungsstrangs.
Der Schreibstil ist leicht verständlich, flüssig und spannend.