Klar, Vincent Van Gogh war verrückt. Wahnsinnig. Sonst hätte er sich ja kein Ohr abgeschnitten und es dann einer Frau geschenkt. Oder? Und sein Bruder war verrückt. Zumindest nach Vincent. Und Johanna Van Gogh-Bonger war auch verrückt. Verrückt genug zu glauben, sie könne ihren Schwager berühmt machen, und damit auch noch recht zu behalten.
Und plötzlich geht es um Gina, die Kunstgeschichtestudentin. Jahre später. Sie ist auch verrückt. Nach Jo.
In etwa diesem Stil schreibt Simone meiner in ihrem packenden Roman über das Leben Jo’s und ihre Beziehung zu den Van Goghs. Über Freundschaft, Liebe und alles dazwischen. Mitten in der Geschichte taucht dann ein neuer Charakter auf, der auf den ersten Blick nichts mit dem Anfang zutun hat. Sprachlich geschickt schafft Simone Meier eine vermeintlich symbiotische Beziehung zwischen der Studentin Gina und Jo. Letztere wird immer mehr zum Vorbild, zur Ratgeberin und zur imaginären Freundin. Die Autorin zeigt ihren LeserInnen Gemeinsamkeiten zwischen sehr unterschiedlichen Leben und lässt die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Realität so verschwimmen, dass man zu Hinterfragen beginnt, um wessen wahnsinniges Leben es eigentlich geht. Die Art der Erzählung gibt einen guten Hinweis darauf, wie das Leben der Jo Van Gogh-Bonger und auch das Vincents gewesen sein könnte. Kreativ, chaotisch, aufwühlend und einfühlsam. Und eben ein bisschen wahnsinnig. Wer also Lust auf ein Erlebnis eben jenes Lebensgefühl hat, liegt mit diesem Roman goldrichtig.
Das beste am Buch ist, dass man hinterher nicht mehr sicher ist, ob Vincent Van Gogh nicht eigentlich der Normalste von allen war. Und ob ein bisschen Wahnsinn vielleicht dazugehört.