Die Geschichte folgt Locke Lamora und seiner Gruppe geschickter Ganoven. Während sie ihren bis dahin grössten Coup durchziehen, geraten sie ins Visier der Ermittler und in einen Konflikt um die Vormachtstellung in der Unterwelt von Camorr.
Das Worldbuilding ist fabelhaft. Obwohl der Schauplatz auf die Stadt Camorr, die mit ihren Kanälen stark an ein Renaissance-Venedig erinnert, begrenzt ist, werden Einflüsse aus fernen Ländern und internationale politische Beziehungen der verschiedenen Nationen organisch mit eingeflochten. Neben den kulturellen Unterschieden, spielen auch sozialen Schichten eine entscheidende Rolle im Roman. Ebenso wartet die Welt mit eigenen Göttern und einer eigenen Geschichte auf. Die beiden Monde haben mich immer wieder daran erinnert, dass es nicht die Erde ist.
Die Charaktere sind ausgeprägt. Da wir einen Gruppe Ganoven folgen, sind sie alle eher als Antihelden dargestellt und treffen teils auch verwerfliche Entscheidungen. Dennoch ist die Gruppendynamik untereinander stark genug, dass ich mit allen mitfiebern konnte.
Erzählt wird die Geschichte aus wechselnden Perspektiven. Vor jedem Kapitel ist ein Zwischenspiel mit Informationen aus der Geschichte Camorrs oder der Vergangenheit eines Protagonisten erzählt, die relevant für den weiteren Verlauf ist. So wurde Infodumping in der Erzählung umgangen und der Leser kann langsam die Puzzleteile der Geschichte zusammensetzen.
Der Schreibstiel ist flüssig. Die Geschichte steht nie still. Kleine und grössere Plot-Twists und Zeitdruck zwingen Locke und seine Bande immer wieder aufs Neue aktiv zu bleiben. Gefahren lauern überall und die Protagonisten werden nicht vor negativen Konsequenzen verschont, sodass der Einsatz konstant hoch ist.
Ich empfehle das Buch allen Fantasy-Fans, die Trickser mögen und mit brutaler Gewalt keine Probleme haben. Die Charaktere sind alle zwielichtigen Gestalten. Wer sich mit der Hauptfigur identifizieren können muss, ist mit Locke Lamora eher schlecht bedient. Sein Verhalten ist oft zweifelhaft. Doch die Freundschaft zwischen Locke und Jean ist grossartig.