Will Gmehlings 10-jährige Ich-Erzählerin ist ihre handysüchtigen Eltern leid, verpasst ihnen ein Detox-Wochenende – und hält uns allen den Spiegel vor.
Das hochaktuelle Thema und mit welcher Mischung aus Humor und Ernst Gmehling es anging, finde ich absolut grossartig. Seine Protagonistin ist gewitzt und selbstständig. Schon auf dem von Anna Schilling gezeichneten Cover musste ich an Pippi Langstrumpf denken. Natürlich hat Molly für dieses Wochenende an alles gedacht, versorgt ihre Eltern mit Essen, Trinken, Schlafsäcken und Aufgaben, damit ihnen nicht langweilig wird. Schillings wilde Buntstiftzeichnungen begleiten uns auch durch das restliche Buch: mal ein-, dann doppelseitig oder als Vignetten, ausdrucksstark nicht nur in der Mimik und Positionierung der Figuren, sondern auch in den Details (bspw. in den verwelkenden Blumen am Anfang).
Gmehling wiederum strukturiert seine Erzählung in neun ganz unterschiedlich lange Kapitel. Molly verhält sich nicht nur erwachsener als ihre Erziehungsberechtigen, sie klingt teils auch so – und dann aber wieder absolut kindlich mit ihren kurzen Sätzen und den (strategisch platzierten) Wiederholungen. Den Ton hat Gmehling gut getroffen, wie ich finde. Ungewöhnlich fand ich, dass Molly u. a. in ihrer Bibel blättert, um sich zu beschäftigen. Aber sie springt auch durch Pfützen, liest «Das lustige Taschenbuch», legt sich in den Garten, beobachtet den Nachbarskater uvm.
«Molly Blume» ist ein wunderbares, kurz und prägnant erzähltes Vorlesebuch mit einer originellen Hauptfigur, das mich begeistert hat.