Die Erzählungen in “The View from Castle Rock” erzählen vom Leben einer Familie. Eigentlich geht es um die Familie der Autorin, ausgehend von deren Vorfahren, die noch in Schottland gelebt hatten. Allerdings sind es Erzählungen und absolut nicht biographisch. Es könnte durchaus sein und eröffnet sich einem nicht, was nun erfunden ist und was wahr. Man hat eine Ahnung, dass die Autorin in dem Mädchen, das als Ich-Figur vorkommt und als Träumerin viele Geschichten erfindet, mit diesem Werk genauso Geschichten einflicht.
Ein Leben "Ohne Vorteile, so der Titel der ersten Kurzgeschichte (“No advantages”). Eine Familie, die ihr Auskommen sucht in der Zucht von Silberfüchsen, ein Geschäft, das nicht langfristig prosperiert. Ein Teil der Familie wandert aus und schifft nach Amerika über, wo sie ein neues Leben beginnen und auch dort nicht immer am selben Ort bleiben.
Die Kurzgeschichten sind jeweils einem Schwerpunkt gewidmet, der Zeit auf See, dem Anfang in Illinois, dem Arbeiten für die Existenz etc. Dabei lernt man natürlich auch die jeweiligen Familienmitglieder kennen - Generation um Generation. Wie Sie um ein Auskommen kämpfen, die Erfahrung als Dienstmädchen, einer niedrigen sozialen Schicht anzugehören, Verliebtsein, Liebe und später die reife Frau, die zurückblickt.
Der Titel “The View from Castle Rock” passt gut, finde ich, es ist wie ein Blick aus der Vogelperspektive, der Perspektive eines Sperbers oder einer Taube, die auch auf grosse Distanz scharf sehen. Der Titel der deutschsprachigen Übersetzung lautet “Wozu wollen Sie das wissen?”. Grossartige Eindrücke über eine längere Zeitspanne, die einen daran denken lässt, was früher war und woher wir kommen, Gesellschafts- und Familienthemen. Die Autorin hat einen guten, flüssigen Schreibstil, der einen mitnimmt, dabei nie gross dramatisiert - sie erzählt, und das gekonnt.