+ Das Zitat
“Georg musste von seinen Notizen gar nicht aufblicken, um zu wissen, wer da angekommen war. Der Zirkus konnte beginnen.”
+ Die Thematik
Georg Muff, in seinen 30ern, gross und gut gebaut (aber zu wenig trainiert), schleppt sich so durch seinen Alltag. Als Kommissar in Bern tätig, schlägt er sich mit einem unfähigen (Zürcher, klar😉) Chef herum und seiner afrikanischen Freundin droht die Abschiebung (abgelehnter Asylantrag).
Ohnehin praktisch mit seiner Arbeit verheiratet (Vorwurf Freundin Chloé) kriegt Muff nun noch einen Mordfall zugewiesen. Die junge Mila wurde umgebracht. War es ihr jähzorniger Bruder, der die serbische Familienehre gefährdet sah? Oder sind es eher Verbindungen zum Bankenchef Egger, mit dem Mila eine Affäre hatte?
Bald geht das Morden weiter und die Verstrickungen reichen politisch weit hinauf in der Bundesstadt Bern und in gefährliche mafiöse Kreise…
+ Zum Mitnehmen
Du kannst der Hydra einen Kopf abschlagen, aber… Ihr wisst schon…
+ Kritik
Matthias Belands Krimi ist sehr gelungen aufgebaut. Der Spannungsbogen ist gut gemacht, Charaktere und Geschichte sind stimmig und ich hab das Buch in wenigen Tagen durchgelesen.
Das Berner Setting, die kriminellen Verstrickungen ins Bundeshaus und die Verbindungen zu Industrie und Mafia sind gekonnt in Szene gesetzt (allzu viel verrate ich natürlich nicht…). Hab selber in Bern studiert und mehrere Jahre dort gelebt, was mir die Lektüre natürlich noch näher gebracht hat (für mich wär übrigens immer noch Bern das ideale Setting für den CH Tatort 😉).
Ab und zu sind Themen und Charaktere vielleicht etwas nah am Stereotypen (Bankenkrimi, Geld, Beschaulichkeit im Setting usw.), aber trotzdem jederzeit stimmig und realitätsnah. Die Thematik der Waffenexporte ist spannend, mafiöse Verbindungen bringen einen Kick rein und Aspekte der Schweizer Geschichte/Debatten der letzten Jahrzehnte bilden den Hintergrund.
Dass mit Muff der Protagonist und Polizist eine Beziehung mit einer ständig gefährdeten Asylbewerberin hat, gibt dem Roman auch emotional einen guten Twist.
Stilistisch finde ich de Krimi über weite Strecken ebenfalls sehr gelungen.
Wenn ich was zu kritisieren hab, dann sind es ein paar formale Dinge: Ich hatte den Eindruck, dass dem Lektorat fast etwas die Puste ausging… In der 2. Hälfte des Buches häufen sich orthographische und grammatikalische Fehler sehr, was etwas schade ist.
Bei den Charakterbeschreibungen waren die Wiederholungen z.B von Muffs Überbeschäftigung mit seiner Narbe am Hinterkopf oder Melanies (seine Polizeikollegin) Streicheln über ihren Babybauch ab und an etwas zu viel…
Alles in allem aber eine Krimilektüre, die ich in kurzer Zeit weggelesen habe, was vornehmlich an der Spannung und dem angenehmen Stil lag.
Die Auflösung mag man evtl. als nicht zufriedenstellend bezeichnen, dafür ist sie wohl umso realistischer (und offen gehalten: Fortsetzung folgt…?). Aber lest selbst…