Bernardine Evaristo hat mich erneut überrascht. Nach «Mädchen, Frau etc.» und «Mr Loverman» ist dies das dritte Buch von ihr, das ich lese, und bisher gleicht keines dem anderen – zumindest sprachlich nicht.
Denn während «Mädchen, Frau etc.» ohne Punkt und Komma aus verschiedenen weiblichen Perspektiven geschrieben war, war die Interpunktion bei «Mr Loverman» gewährleistet und Evaristo wechselte zwischen der Sicht der männlichen Hauptfigur und seiner Frau, wobei sie auch durch die Zeiten sprang.
In «Zuleika» hingegen lässt sie ihre ca. 18-jährige Protagonistin in der ersten Person erzählen. Die Clous: Zuleika lebt in London zur Zeit des Römischen Imperiums, schreibt in Versform und nutzt dabei eine moderne, vielseitige Sprache. Hier werden lateinische Ausdrücke mit lateinisch klingenden Wörtern gemischt, es werden spanische Wörter und Slang verwendet und vieles mehr, das ich schon wieder vergessen habe. Wie auch in ihren bisherigen Büchern eint die Schwarzen Hauptfiguren ihr Bemühen, ihre Geschichten selbst zu schreiben, sich somit zu emanzipieren von der bisherigen Wahrnehmung. Das ist auch Zuleikas Anliegen, die der Welt ihren Stempel aufdrücken möchte durch ihre Gedichte. Der vorliegende Versroman ist quasi das Ergebnis, doch weiss Zuleika nicht, ob ihr Bemühen von Erfolg gekrönt und ihre Geschichte uns geläufig sein wird. Die Sprache ist, wie erwähnt, modern, Reime gibt es in der Regel nicht, aber es klingt rhythmisch und durch die Versform auch komprimiert, sodass wir förmlich durch Zuleikas Geschichte fliegen. Sieben Jahre umspannt sie, aufgeteilt auf zehn Teile, die wiederum in mehrere Unterkapitel unterteilt sind. Hätte ich jetzt bei meinem Lyrikkurs besser aufgepasst, könnte ich womöglich noch sagen, inwiefern Evaristo hier mit welchen lyrischen Formen spielt. Aber für das Verständnis der Geschichte ist dieses Wissen nicht relevant.
Der Anfang hat mich begeistert, doch ab der Hälfte wurde ich etwas müder. Ich bin nicht sicher, woran es lag. Vielleicht an der bedrückenden Atmosphäre von Zuleikas Geschichte, einer jungen Frau, die schon als Kind verheiratet wurde mit einem alten Mann, die wie ein Vogel im goldenen Käfig gehalten wird, sowie an der herrschenden Brutalität und Vulgarität in ihrem Leben.
«Zuleika» wird vermutlich nicht mein Lieblingsroman von Bernardine Evaristo, aber ihre Vielseitigkeit erstaunt mich einmal mehr.
Tanja Handels hat den bereits 2001 erstmals erschienen Roman nun aus dem Englischen übersetzt.