Zwei gänzlich unterschiedliche Leben - Liss auf dem Land - Sally in der Stadt - weit entfernt - und doch näher als sie sich glauben. - Sally haut aus der Klinik ab, will nur weg, ab- und nie mehr auftauchen - irgendwie landet sie in Liss Gegend, gerade, als deren Traktor feststeckt - sie packt zu - und damit auch ihr Leben an - was sich erst zeigen wird.
Vorerst scheint jede ihren Weg weiter zu gehen - doch Liss lädt Sally zu sich ein - und es beginnt ein gemeinsamer Weg - zunächst eher zwei parallell verlaufende Strässchen - mitunter gemeinsame Rast, dann wieder Abzweigungen - sie finden und verlieren sich - mögen sich irgendwie und still - dann explodieren ihre Wunden - denn diese tragen beide - und sie sind sich ähnlicher in Wesen und Biografien, als sie ahnen…
Die Erzählung ist still, fast introvertiert, lässt sich auf das Geschehen und die Zwischentöne ein - poetisch und schön - um im nächsten Satz ins Derbe zu entgleisen - das erste bei Liss und ihrer Welt, das zweite bei Sally und ihrer Welt - die Charaktere sind in der Sprache aufgehoben. - Und grad auch in der Sprache spürt man die Entwicklung von Sally, wie sie in den Wochen bei Liss reift, wie das Obst, das sie ernten - und eindrücklich, wie Sally das Ungewohnte zu kosten vermag…
Dass nicht nur Sally sondern auch Liss ‘kaputt’ ist, vom Leben zerrieben, zeigt sich im letzten Drittel, wo alles aus dem Ruder zu laufen scheint - und genau da finden sich die beiden erst wirklich - und geben sich gleichzeitig wieder frei.
Ein Roman wie ein gemaltes Bild - das Ende ist mehr eine Hoffnung als ein Schluss, denn vieles bleibt offen, kann von jedem und jeder weiter gemalt werden.
(Vom Titel und Cover her hätte ich das Buch nicht gelesen - keine Einladung - danke @Hortensia13 für die Leserunde! >>> Die Lektüre lohnt sich wirklich!)