Zum Buch: Es ist essenziell zu betonen, dass alles in diesem Buch auf wahren Begebenheiten basiert und nicht fiktiv ist. Es handelt sich um persönliche Dramen, Geschichten über das Überleben und den Existenzkampf. Einmal vor Repressalien zu fliehen, ist tragisch, aber sich zweimal vor Hitler verstecken zu müssen, verschärft diese Tragödie noch weiter.
In Marseille 1940 erzählt das Buch von jüdischen Flüchtlingen aus dem Kreis der Intellektuellen, von Menschen mit bekannten Namen und ihren amerikanischen Fluchthelfern. Allerdings sind es so viele Namen, dass man fast den Überblick verliert. Die Geschichten handeln von Menschen, deren Leben von einem Moment auf den anderen zerstört wurde, voller Dynamik, Atemlosigkeit und panischer Angst.
In vielen Ehen, in denen nur ein Partner jüdischer Abstammung ist, entstehen Spannungen, da nicht beide fliehen müssen. Nicht-jüdische Partner werden oft zu Fluchthelfern. Es kommt zu Scheidungen und neuen Eheschließungen mit offiziellen Standesbeamten, um die Flucht papiertechnisch zu ermöglichen. Sobald ein sicheres Land erreicht ist, folgt die Scheidung. Dies führt zu einem paradoxen Geschäft.
Das schnelle Vorankommen der deutschen Panzerverbände basiert auf einem Aufputschmittel, das Schlafbedürfnis unterdrückt, Ängste reduziert und die Konzentration steigert. Französische Einheiten werden eingekesselt, wodurch sie zivile und militärische Flüchtlingswellen vor sich hertreiben, die beschossen werden. Die schwankende Stimmung der Fliehenden und das wechselhafte Wetter werden sehr anschaulich beschrieben.
Während dieser Kriegsphase gibt es allein in Frankreich einhundertzwanzig Internierungslager mit insgesamt sechzigtausend zivilen Insassen. Fluchthelfer in Marseille, ständig in Angst vor Verhaftung, sehen Menschen in einem Albtraum, Verzweifelte, die ihre letzte Chance an sie klammern, lieber in einem Gefängnis im Nahen Osten oder in Nordafrika zu stranden als in einem KZ in Deutschland.
Zitate aus dem Buch: «Er lebt, meint er, in einem Exil innerhalb des Exils, er werde ausgegrenzt von den Ausgegrenzten.»
Anhang: Interessant ist die Rubrik: «Was danach geschah». Hier werden die einzelnen Schicksale, soweit vorhanden, nachgezeichnet.
Fazit: Ein bewegendes zeitgeschichtliches Buch, das sich lohnt, gelesen zu werden.