„Mohnblumentod“ ist ein Schwedenkrimi von Autorin Lina Bengtsdotter und der vierte Teil der Reihe um Kommissarin Charlie Lager. Die Bücher sind in sich abgeschlossene Fälle, sodass sie auch unabhängig voneinander gelesen werden können, auch wenn es, um die Beziehungen und Dynamiken der Personen untereinander zu verstehen, einfacher ist die Bücher in der entsprechenden Reihenfolge zu lesen. Aber prinzipiell ist das kein Muss und es stört den Lesefluss nur ganz minimal, wenn man es nicht getan hat.
Die Entführung eines 9-Monate alten Babys führt Charlie nach Karlstad, in die Nähe ihrer Heimat. Das Baby ist am helllichten tag von der Veranda des Hauses eines erfolgreichen Unternehmers und Milliardärs und seiner Ehefrau verschwunden, die das Kind auf der Veranda hatte schlafen lassen. Für die Ermittler beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit- es fehlen jegliche Hinweise und schnell haben die Ermittler das Gefühl, dass das Ehepaar ihnen nicht alles erzählt hat.
Das Buch ist in drei parallelen Handlungssträngen geschrieben, von denen einer durch kursive Schrift und kurze Passagen heraussticht und aus der Sicht des Entführers geschrieben zu sein scheint. Diese kurzen Episoden sind geschickt eingestreut und tragen zur Spannung bei. Ein weiterer Handlungsstrang spielt in einer Art psychiatrischen Einrichtung für Mädchen und wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen, sodass lange nicht ganz klar ist, in welchem Bezug er zur Haupthandlung steht. Erst ganz zum Ende hin werden alle drei Stränge zusammengefügt, was super gemacht ist.
Der Schreibstil ist flüssig und es liegt die ganze Zeit über eine gewisse Spannung im Raum. Die Ermittlungen kommen nur schleppend voran, aber trotzdem passiert dauerhaft etwas, was die bisherigen Ergebnisse in frage stellt und gemeinsam mit den Ermittlern tappt man bezüglich der Klärung des falls lange im Dunkeln.
Charlie Lager ist eine unnahbare, aber überaus begabte Kommissarin, die zweifelsfrei gut in ihrem Job ist, aber im Privatleben zu kämpfen hat. Das macht sie für den Leser greifbar und menschlich und ich fand sie trotz ihrer Art und ihrer Selbstzweifel sehr sympathisch. Die Einblicke in ihr Privatleben stören den Handlungsfluss nicht, sondern tragen gut dazu bei, ihre Entscheidungennachvollziehen zu können.
Besonders den Handlungsstrang in dem Mädchenheim fand ich ungemein spannend, hauptsächlich weil man sich sowas einfach gar nicht vorstellen kann- diese grauenvollen, einsamen Orte, an denen die abgeschoben werden, die die Gesellschaft nicht anders aufzufangen weiß. Als die Mädchen dort ihre Geschichten erzählen, hatte ich richtig Gänsehaut.
Besonders gut gefallen hat mir die verstrickte Handlung und die vielen Geheimnisse, die im laufe der Ermittlungen ans Tageslicht kommen. Immer wieder wird dem Leser ein Verdächtiger auf dem Silbertablett präsentiert, nur um anschließend jeglichen Verdacht zu widerlegen.
Das Buch raubt einem jetzt nicht den Atem, aber es ist durchweg spannend geschrieben. Es gibt, wie bei einer echten Ermittlung, viele Spuren, die ins Nichts führen und es werden viele Geheimnisse und Abgründe offenbart. Die Auflösung war schockierend und fantastisch umgesetzt. Ich habe das Buch wirklich genossen, habe mit rätseln können und war überrascht, wie am Ende alles zusammenhing.