«Gladiator meets Mad Max» heisst es auf dem Cover von Nana Kwame Adjei-Brenyahs Debütroman. Ich würde noch «Die Tribute von Panem» mit ins Spiel bringen.
Der Autor nutzt seinen dystopischen Roman über ein Reality-TV-Format, in dem Häftlinge gegeneinander um Leben und Tod kämpfen, als umfassende Kritik am (US-)Justizvollzugssystem und den das System stützenden Rassismus und Sexismus. Damit wir verstehen, auf wie vielen Ebenen das derzeitige System seinen eigentlichen Zweck, die Rehabilitierung, nicht nur verfehlt, sondern bewusst torpediert, wechselt er gezielt die Perspektiven. Das macht den Einstieg etwas schwierig, auch wegen des dystopischen, fremden Settings. Gleichzeitig ist die Geschichte derart packend, das ich unbedingt weiterlesen musste.
Adjei-Brenyah erzählt überwiegend in der dritten Person, in zwei Instanzen aber auch als Ich-Erzähler, die Ereignisse aus Sicht von Häftlingen, Familienangehörigen, Aktivisten und beinah gesichtslosen Entscheidungsträgern. In Fussnoten macht er aufmerksam auf die derzeitige reale Gesetzeslage, Missstände, Fehlurteile u.v.m. Aber er nutzt die Fussnoten auch für die fiktive Geschichte und bietet uns darin (Hintergrund-)Informationen zu den Figuren, dem Setting etc.
Faszinierend ist seine Sprache. In der Hinsicht würde ich allen mit ausreichenden Englischkenntnissen empfehlen, das Original zu lesen. Denn einerseits haben wir es hier leider vielerorts mit unnötigen und teils verwirrenden Anglizismen zu tun (bspw. «in ihrem eigenen Recht» für «in her own right»). Andererseits geht bei einer Übersetzung naturgemäss oft etwas verloren. Rainer Schmidt hat die bei all den Figuren so unterschiedliche Rhythmik, die teils an Gesang erinnerte, den Slang, so er eingesetzt wurde, und die prägnanten Eigennamen so gut es ging ins Deutsche übertragen oder behalten. Gerade bei der Erzählweise von Hendrix Young und Simon J. Craft empfand ich das als besonders eindrücklich. Gleichzeitig stelle ich mir das Original noch deutlich kraftvoller vor.
Nana Kwame Adjei-Brenyah spielt auch ganz bewusst mit der Zeit, in der seine Figuren sprechen. Obwohl er Perspektiven und Zeitebenen mischt, baut er konsequent Spannung auf, die im absoluten Showdown am Ende gipfelt.
Die Frage, die sich dabei stellt, ist natürlich, welche Rolle wir einnehmen? Sind wir ebensolche Voyeure, wie die Fernsehzuschauer? Und wohin geht die Reise für die US-amerikanische, aber auch für unsere Gesellschaft?
Eindrückliche Bilder und eine deutliche Botschaft, die mich nicht mehr loslassen werden, von einer prägnanten, einzigartigen literarischen Stimme.