Ich bin auf dieses Buch durch Social Media aufmerksam geworden. Der Klappentext versprach viel Herzschmerz und das Thema ist aktuell auch mehr als präsent. Zwar konnte ich mich ein wenig auf das schwere Thema vorbereiten, aber als ich das Buch zuklappte, musste ich Rotz und Wasser heulen. Vielen Dank an dieser Stelle für das Lese-Exemplar liebe Stephanie.
Adam und Melissa arbeiten bei einer internationalen Hilfsorganisation in der Ukraine. Er ist Fotograf und sie Krankenschwester. Nicht gerade einfach unter diesen Umständen zu arbeiten, resp. zu leben, aber sie wollen den Menschen in Not helfen. Sehr mutig und verdient grossen Respekt. Dass gerade diese beiden Menschen von Separatisten entführt werden, ahnte keiner.
Die Geschichte fängt damit an, dass Adam sich einverstanden erklärt hat ein Interview zu führen. Um das Ganze zu verarbeiten hat er ein Buch darüber geschrieben. Doch es gab weiterhin offene Fragen und Spekulationen von den Medien, die er ein für alle Mal klären möchte. Während er erzählt, erhalten wir Leser Szenen während ihres Aufenthalts irgendwo in Russland. Es ist furchtbar, was Menschen anderen Menschen alles antun, nur um ihre Macht und Dominanz zu demonstrieren. Schritt für Schritt wird ihnen ihr Leben weggenommen. Angefangen damit, dass sie täglich gedemütigt und misshandelt werden. Die Entführer bestimmt komplett über ihr Leben und zerstörten ihre Privatsphäre. Was und wann sie essen, wann sie schlafen, wann sie duschen… Es ist einfach nur grotesk und furchtbar. Das einzige, was ihnen blieb, sind sie selbst. Ohne einander hätten sie diese Hölle nicht überlebt. Tagtäglich mussten sie ums Überleben kämpfen und dieses Unwissen machte sie auch schier wahnsinnig.
Während dem Interview konnte man auch deutlich spüren, wie schwierig es für Adam ist noch einmal über das Geschehen zu sprechen. Einfache Dinge wurden für ihn unmöglich, oder machten ihm sogar Angst. Stellt euch vor, jedes Nahrungsmittel schmeckt nach Asche, weil ihr während der Gefangenschaft nur Dreck bekommen habt. Wärme wird zur Unsicherheit, weil du diese mit Gefahr assoziierst. Grosse Menschenmengen machen dich paranoid und du vertraust nicht einmal mehr deiner Familie. Meiner Meinung nach war das sogar noch grausamer als die Folter selbst. Jeder erwartet von dir, dass du nach deiner Befreiung dankbar sein sollst, ein paar Wochen in Therapie gehst und anschliessend kannst du wieder normal dein Leben leben. So einfach ist das leider nicht. Ab dem Kapitel, als sie gerettet wurden, hat es mich psychisch fertig gemacht. Ich habe nur noch geheult. Ich spürte ihr Leid, ihre Angst, ihre Sehnsucht wieder in ihr altes Leben zurückzukehren. Das wird gewaltig unterschätzt, denn nach solch einer Erfahrung wirst du nie wieder so sein wie vorher. Deine Psyche, dein Körper, haben haben diese Erlebnisse auf Ewig gespeichert. Du kannst heilen, du kannst lernen damit umzugehen. Das kann aber Jahre dauern, wenn nicht ein Leben lang. Es hat mir schier das Herz gebrochen, was Adam und Melissa alles durchmachen mussten. Wie sie sich nach der Befreiung fühlen. Wie sie versuchten in ihr altes Leben zurückzukehren. Wie die Menschen in ihrem Umfeld sie behandelten. Wie einfache Dinge ihnen Angst macht. Es hat mich komplett zerstört.
Die Autorin hat hier eine Seite gezeigt, die man leider sehr oft vernachlässigt und über die man leider viel zu wenig darüber reden hört. Wir erleben mit den Protagonisten Gewalt und Missbrauch in allen Formen. Wir begleiten sie durch die Hölle und sehen zu, wie sie mehr und mehr gebrochen werden. Und nach der Befreiung begleiten wir sie nochmal durch die Hölle. Denn wir sehen nun zwei gebrochene Seelen, sie mit aller Kraft versuchen nicht auseinander zu fallen.
Es wird hauptsächlich aus Adama’s Sicht erzählt. Zum einen das Interview mit dem Journalisten, zum anderen Kapitel aus seinem Buch, das er nach der Gefangenschaft geschrieben hat. Ganz am Schluss wird noch ein Kapitel über sein Tagebucheintrag gezeigt und schliesslich das letzte Kapitel noch aus der Sicht von Melissa. Ich liebte den Schreibstil sehr. Obwohl das Thema sehr schwer ist, ist der Schreibstil um so leichter. Die ganze Geschichte ist so emotional und gefühlvoll geschrieben, dass ich einfach alles mitfühlen und nachvollziehen konnte. Einfach alles wirkte für mich sehr authentisch. Es ist schrecklich so etwas zu lesen, aber manche Menschen erleben dies Tag täglich. Für viele ist das Alltag und das ist so krass sich dies vorzustellen.
Es ist schrecklich emotionales Buch, welches ich sehr gerne weiterempfehle. Beachtet aber bitte, dass es alles andere als leichte Kost ist. Informiert euch vorher, ob ihr es wegen der Thematik lesen möchtet. Wenn ihr es tut, dann werdet ihr es garantiert nicht bereuen. Danke Stephanie für dieses tolle Buch.