Was für ein schräges Buch! Judith Kellers Rahmenhandlung spielt 2098. Zwei Forscher*innen haben Vernehmungsprotokolle aus dem Jahr 2025 gefunden sowie ein Tagebuch aus den Jahren 2025-28, die möglicherweise Aufschluss geben über die seltsamen Ereignisse der Jahre 2027-91.
Schräg daran sind einerseits die Ereignisse – da taucht bspw. plötzlich der Zürcher Hauptbahnhof im Indischen Ozean auf –, das Verhalten der Protagonistin, Vera, und die ungewöhnlichen sprachlichen Kombinationen. Letztere haben mir unheimlich gut gefallen. Veras teils langen Monologen zu folgen, fiel mir nicht immer leicht. Dazu kam auch, dass sie und ihre (in den Augen der Polizei) Komplizin Peri sich scheinbar ziellos treiben liessen über weite Strecken der betreffenden Tage. Es dauert somit lange, bis sich Spannung aufbaut und mir war nie so ganz klar, worauf die Geschichte hinausläuft.
Gut gesetzt sind die Kapitel, die die Vernehmungstage widerspiegeln. Denn dort holt uns Vera zu Anfang immer wieder ab, für den Fall, dass uns im vorherigen Kapitel etwas entgangen ist.
Thematisch sind Vera und Peri nach der Suche nach einem Sinn im Leben, würde ich denken. Sie beobachten die Menschen in ihrer Umgebung (und somit auch uns) und kommen zu dem Schluss, dass alle in ihrem Hamsterrad stecken, nur noch auf’s Handy starren und wie Zombies durch das eigene Leben wanken.
«Wilde Manöver» ist ein Buch, das ich empfehlen würde, mit anderen gemeinsam zu lesen, um zu verstehen, worum es Judith Keller genau ging. Die anschliessende Diskussion darüber hat mir jedenfalls enorm Freude bereitet. Was Judith Keller mir mit ihrem Roman sagen will, weiss ich allerdings immer noch nicht.