Ein Buch, das ein interessantes Konzept hat! Die Idee, die Geschichte des Protagonisten einmal unter dem männlichen Aspekt und einmal unter dem weiblichen Aspekt zu schreiben, ist äußerst interessant. Im Roman erzählt der Autor meist ein Kapitel als Louis, wo man erfährt, was mit der männlichen Version in der Geschichte passiert. Wenn von Louise die Rede ist, dann weiß der Leser, was mit der weiblichen Protagonistin des Buches passiert ist. Es gibt auch Kapitel, die unter “Louis & Louise” geschrieben sind. Der Einfachheit halber gibt es im Text nur die Version “Lou”, da es sich um eine identische Rolle für beide Versionen handelt.
Beide Figuren wachsen in Casablanca, Maine, auf und haben die gleichen besten Freunde - die Zwillinge Allie und Benny -, die auch eine sehr wichtige Rolle im Buch spielen. Je nach Protagonist der Geschichte entwickeln sich die Zwillinge jedoch in eine eher entgegengesetzte Richtung.
In der Geschichte von Louise ist ihre beste Freundin Allie die erfolgreiche Ärztin, die ihre krebskranke Mutter behandelt, und Benny ist der gefallene Baseballstar. In Louis’ Geschichte hingegen begeht sein bester Freund Benny Selbstmord und Allie ist “nur” Krankenschwester geworden, die sich um Palliativpatienten kümmert - also auch um Louis’ Mutter.
Julie Cohen spricht viele Klischees an: Einerseits ist Louise eine alleinerziehende Mutter, die als Lehrerin in New York arbeitet und nach einer schicksalhaften Nacht ihr Zuhause verlässt. Louise hat ihren Traum, ein Buch zu schreiben, nicht aufgegeben, aber sie hat keine Zeit dafür. Louises Vater holt seine Tochter nach Casablanca zurück, weil ihre Mutter nicht mehr lange zu leben hat. Sie muss sich überwinden, in ihre Heimatstadt zurückzukehren. Als Leser fragt man sich, was passiert ist, dass Louise so wenig Lust hat, nach Maine zurückzukehren. Ich habe viel darüber nachgedacht, was passiert sein könnte. Ich habe schon früh vermutet, dass Dana die Tochter von Benny Phelps ist. Aber warum Louise nicht wollte, dass Benny seine Tochter kennenlernt, war mir ein Rätsel. Wie Louise schließlich schwanger wurde, hätte ich nie erwartet. Auch die Reaktion von Peggy auf den Vorfall war mehr als verwunderlich und für mich fast unverständlich. Dass ausgerechnet Dana dann Bennys Leben rettet, war fast schon kitschig. Andererseits hat dieser Vorfall Louise und ihre Tochter wieder näher zusammengebracht.
In der Geschichte von Louis geht es um einen erfolgreichen Schriftsteller, der sich gerade scheiden lässt und der mir auf der Suche nach dem Sinn des Lebens zu sein scheint. Louis kehrt nach Casablanca zurück, um seiner Mutter zu helfen. Anders als in der Geschichte von Louise haben sich Louis’ Eltern getrennt. Irving ist ein Weltenbummler geworden, während Peggy in Casablanca geblieben ist. Im Haus seiner Eltern trifft Louis seine Jugendliebe Allie wieder. Der Leser erfährt jedoch nicht, warum sich Louis und Allie getrennt haben. Auf jeden Fall beschließen sie, die Vergangenheit ruhen zu lassen und nur über aktuelle Ereignisse zu sprechen - also über Peggy und ihre Krebserkrankung. Die Rolle von Carrie - Louis’ Noch-Ehefrau - ist sehr klischeehaft. Sie wird als erfolgreiche Geschäftsfrau dargestellt, die sich in der Jetset-Welt auskennt. Im Buch steht, dass Carrie nicht nur die Zeitschriften liest, die auf dem Papier der Papierfabrik gedruckt werden - nein, sie arbeitet für eine solche Zeitschrift. Sie wird auch sehr oberflächlich dargestellt: Sie bringt Peggy Kosmetik und Make-up ans Sterbebett… Aber Carrie ist auch der Mensch, der die Dinge beim Wort nimmt. Irgendwie erinnert mich die Carrie in diesem Buch an ihre Namensvetterin aus “Sex and the City”.
Auch die Entwicklung der Zwillinge in beiden Geschichten finde ich sehr interessant. In der Geschichte von Louise ist Allie die arrogante Ärztin, aber nach einigem Kratzen an der Oberfläche ist sie doch ein guter Mensch. In der Geschichte von Louis wird sie wie ein gefallener Engel geschildert. Sie musste viel erdulden, ihre Karrierewünsche aufgeben, um sich um ihre Mutter kümmern zu können. Irgendwann erfährt der Leser, dass sie es leid ist, das Opfer zu sein, und sich um sich selbst kümmern will.
Ich finde die Rolle von Benny in beiden Geschichten ziemlich tragisch. Bei Louise möchte man ihn irgendwie hassen für das, was er Louise angetan hat. Aber man erfährt schon vorher, dass er seine Karriere wegen eines Sportunfalls aufgeben musste. Er muss für den Rest seines Lebens mit Behinderungen leben, er hat mir irgendwie leid getan. In Louis’ Geschichte mutiert er zum tragischen Helden - in dem er sich das Leben nimmt, weil er es nicht mehr aushält, dass sein Vater ihn missbraucht.
Das Buch ist sehr interessant aufgebaut und geschrieben, auch wenn es am Anfang etwas langsam ist. Je länger man es liest, desto mehr gewinnt das Buch an Fahrt und wird interessant. Cohen schafft es immer wieder, Cliffhanger einzubauen. Sie springt im Buch hin und her - zwischen Louise & Louis, der neutralen Lou und dann auch in der Entwicklung der Geschichte über die Jahre. Ich muss ehrlich sagen, dass ich froh war, dass oben auf jeder Seite vermerkt war, um welche Geschichte es sich handelt. Es ist eine Leistung, dass man ein Buch so komplex aufschlüsseln kann und es trotzdem geschmackvoll und für den Leser nicht verwirrend schreibt.
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