Auch in seinem zweiten Buch erzählt der Autor eine Geschichte der Flucht und der verlorenen Heimat. Dieses Mal ist es jedoch nicht das eigene Schicksal, sondern das einer jungen Frau, die in einem iranischen Lager geboren wird, nachdem ihre Eltern mit der älteren Schwester aus dem Irak geflüchtet sind. Nach sechs Jahren gelangt die Familie schliesslich in die Schweiz, doch das ist noch nicht das Ende.
Es hat mich erneut sehr beeindruckt, wie Usama Al Shahmani mit der Sprache umgeht. Er schreibt Deutsch, nimmt jedoch Bilder und Melodie aus dem Arabischen. Zudem erzählt er ohne Bitterkeit und Anklagen, und macht den grossen Schmerz dennoch intensiv spürbar.
Der jungen Frau, Aida, gelingt es allerdings lange nicht über ihren Lebensweg, ihre Herkunft zu sprechen. Ihr fehlt die Stimme dazu, sie kann und will den Schmerz nicht in Worte fassen. Als jedoch die Beziehung zu ihrem Freund daran zu zerbrechen droht, sucht und findet sie Wege, sich zu erinnern. Aida lässt dabei immer wieder die Menschen aus ihrer Familie, ihrem Umfeld in Gedanken sprechen und zeichnet so ein vielschichtiges Bild von jedem einzelnen und seinen jeweiligen Gefühlen und Geschichten. Als Aida alles was sie erinnert aufschreibt, löst sich der Knoten, sie verschafft sich so doppelt Heimat, in Land und Sprache und kann danach befreit in die Zukunft schreiten.
Das erzählt Usama Al Shahmani auf eine sehr feinfühlige Weise und auch von der Geschichte des Iraks erfährt man dabei - ganz beiläufig, nie aufdringlich und trotzdem ist es sehr berührend. Und obwohl vielleicht manchmal Wendungen und Vergleiche aus der arabischen Sprache etwas zu gewollt und dadurch aufgesetzt wirken, spricht mich sein Schreibstil einfach sehr an und ich vergebe deshalb gerne aufgerundete fünf Herzen.