Die Charaktere sind pseudo-intelektuell aufs Papier geschwurbelt. Alle Charaktere werden lediglich angerissen, was angesichts der oberflächlich vermittelten Komplexität kontraproduktiv ist. Wir lernen niemanden besser kennen, alle bleiben hohl und austauschbar. Angesichts der Fülle an Charakteren und deren Austauschbarkeit kam ich in der zweiten Buchhälfte mehrfach durcheinander, wer denn nun eigentlich wer ist.
Die “wahrscheinlichste” Erklärung für die Anomalie ist überhaupt nicht glaubwürdig hergeleitet und wird so präsentiert, als müsse sie auch den Leser überzeugen. Tut sie aber nicht. Darum wirkt auch das Ende zwar nett, aber schlicht zu weit hergeholt, und damit meine ich weiter hergeholt als eine Ork-Invasion in “Herr der Ringe”.
Die Handlung geht nur schleppend voran und ich habe mich bei vielen Passagen gelangweilt, obwohl man doch so viel daraus machen hätte können, wenn man nicht nur seltsame kammerspielartige Ausschnitte (klingt eigentlich interessant, ist es aber nicht) gewählt hätte. Vielleicht liegt es auch an den öden Charakteren, allen voran Viktor Miesel, dessen unterschiedliche Entwicklung nicht wirklich erklärbar ist. Besonders langweilig fand ich die redundanten Interviews sowie die letzten 50 Seiten inklusive öder TV-Auftrtte.
Weil alles so unglaubwürdig ist und nicht wirklich berührend, bringt das Buch mir nichts an “Denkfutter”, ein 08/15-Roman mit öden Stellen, den man schnell wieder vergisst.
Vermutlich ist der Roman aufgrund der ganzen pseudo-philosophischen Schwurbeleien und eventuell auch aufgrund der winzigen amüsanten Momente, wenn es um die politische Handhabung der Anomalie geht, so hochgelobt.