“Eine wahre Geschichte, die man sich schöner nicht hätte ausdenken können.” So steht es hinten auf dem Buchdeckel und es trifft absolut zu. In Tücher gewickelt, wird Marie wenige Tage alt auf einer Wiese gefunden - von einem Hirten (Johannes), der sie mitträgt und sie fest ins Herz schliesst. Er ernährt sie mit Schafmilch. Er findet Anstellung und samt Marie Unterkunft bei Augustine und Alexis, die auch Marie lieben wie ihre eigene Tochter. Sie wächst auf abseits vom Stadtleben, inmitten der Natur, mit Schafen und anderen Tieren. Ein sehr einfaches und behütetes Leben. Auch die Schule kann sie besuchen. Das Leben geht weiter. Es kommt der erste Weltkrieg mit all seinen Lasten. Maries grosse Liebe wurde eingezogen und nach dem Krieg können sie heiraten. Das Leben geht weiter, mit vielen Entbehrungen, mit schönen Zeiten und mit schweren und traurigen Ereignissen.
Marie stirbt zwei Jahre nachdem sie dem Autor ihr Lebensgeschichte erzählt hat, auf dessen Wunsch. Es ist die Geschichte eines Lebens in grosser Einfachheit und Bescheidenheit - und ein so reiches Leben. Was Marie brauchte und was sie zufrieden machte, war nicht Besitz und Geltung sondern viel Liebe, die sie gegeben hat und empfangen durfte. Ihre “Eltern”, ihr Mann, die Kinder und die Menschen in ihrer Umgebung. Die Tiere, die sie umsorgt haben und die für sie auch existentiell wichtig waren. Die Natur, die Wärme der Sonne, die Steine und ganz besonders das gänzliche frei sein von Missgunst und Gefühlen von Hass, auch in den schwierigsten und traurigsten Momenten
Erzählstil
Es ist eine sehr schöne Sprache - warm, bildhaft, keineswegs kitschig und nicht ausschweifend. Man meint die Landschaft zu riechen, die Menschen in ihrer Kleidung und ihren Zimmern zu sehen, mit all den früher üblichen Gerätschaften. Das warme, grosse Herz von Marie kommt zum Ausdruck, auch die echte, schöne Beziehung mit ihrem Mann und in der Familie mit den Kindern. Dass Marie einen starken Glauben hat und ein unglaublich grosses Gottvertrauen schwingt einfach so beim Erzählen mit.
Ich hatte in den letzten Monaten viel gelernt, vor allem, dass man eine Krankheit nur bekämpfen kann, indem man Entscheidungen trifft, die sich auf die Zukunft beziehen. So kommt man über die Tiefpunkte hinweg und der Horizont hellt sich auf.
Die gute Frau! Heute gibt es kaum noch derartige Menschen, und das ist auch gut so. So zerbrechliche und verwundbare Menschen würden in der heutigen Welt noch viel weniger ihren Platz finden, als es damals schon der Fall war.
Ich hatte entdeckt, dass man durch die Literatur in andere Leben eintauchen kann, und dass sie es ermöglicht, den vorbeiziehenden Tagen den Traumgehalt zu geben, der ihnen fehlt.