Wer diesen Roman zur Hand nimmt, wird vergessen, dass es eine Handlung gibt. Man fühlt diesen Roman auf eine sehr intensive und ruhige Weise. Leonard und Paul zeigen die warmherzigen menschlichen Seiten auf, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Rónán Hession hat einen unvergleichlich feinfühligen, umarmenden Schreibstil. Schon nach den ersten Seiten fühlt man sich wohl und merkt nicht, wie die Zeit beim Lesen vergeht. Es ist wie das Eintauchen in ein warmes Badewannenbad.
Paul wirkt anfangs unselbstständig, phlegmatisch und abhängig von seinen Eltern und seiner Schwester, denn mehr als dreimal im Monat arbeitet er nicht. Seine Tätigkeit als Aushilfspostbote reicht ihm völlig aus. Seine Schwester Grace, die fürchtet, ihr Leben lang für Paul da sein zu müssen, möchte ihn wachrütteln und ins Leben stupsen. “Er gondelt munter in seinem kleinen Lebenskarussell herum.”
Erst auf den zweiten Blick merkt man, dass dieser Mann unerschütterlich in sich selbst ruht und mit den kleinen Dingen des Lebens zufrieden ist. Sein Schweigen wirkt nicht provozierend, sondern angenehm. Er strahlt etwas aus, was seine Mitmenschen entspannt.
“Sein Motto lautet: Das Malheur ist bereits passiert, jetzt geht’s ums Aufräumen. Das Hier und Jetzt, das ist ihm wichtig.”
Leonard hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Der schüchterne Mann schreibt als Ghostwriter Kinderenzyklopädien und hat so wunderschöne Dinge im Kopf, die unbedingt in ein Kinderlexikon der besonderen Art fließen müssen. Als er Shelly kennenlernt, kann er endlich seinen Fantasien freien Lauf lassen. Sie tut ihm gut und er bemerkt erst ab diesem Moment, wie wundervoll das Leben sein kann.
“Jetzt schloss er die Augen und schwamm dieser Erinnerung innerlich entgegen, nicht an die Bücher selbst, sondern an das Gefühl, das er beim Lesen gespürt hatte. Dort in seiner Melancholie vergraben, brannte das ursprüngliche Feuer, an dem sich seine Fantasie vor all diesen Jahren entzündet hatte.”
Die zarte Verbindung zwischen Leonard und Shelly wird so warmherzig und glaubwürdig beschrieben. Hier spürt man, dass einem meistens die eigenen Ängste im Weg stehen, um sich mutig seinen Gefühlen zu stellen.
Die Protagonisten strahlen so viel unaufdringliche Liebenswürdigkeit aus und zeigen, worauf es im Leben wirklich ankommt: Die Freundschaft zwischen Leonard und Paul, die ohne große Worte auskommt und eine verlässliche Konstante in ihrem Leben bildet. Der herzliche Umgang in Pauls Familie, in der jeder so sein darf, wie er nun einmal ist.
Dieser Roman tut einfach gut. Ein Seelenwärmer, den man gar nicht mehr aus der Hand legen mag.