Wieder lässt Julia Koch ihre Leser auf die Restauratorin Clara von Grünenstein treffen, die von Gustav Balthasar in Hergiswil beauftragt ist, nicht nur den Nachlass seiner verstorbenen Schwester zu sichten, sondern in allen Räumen der alten Familienvilla nach wertvollen Antiquitäten zu suchen.
Mit Clara von Grünenstein ist eine vielschichtige Frauengestalt entstanden mit sympathischen, aber auch irritierenden Zügen, ein interessanter Charakter mit Ecken und Kanten. Neben ihrer eigentlichen Tätigkeit arbeitet Clara freiberuflich für die Obwaldner Zeitung und wird dabei mit Videos in den Social Media einer rechtsextremen Gruppe konfrontiert. Noch verstörender ist es für Clara, als sie im Garten der Villa eine tote Frau entdeckt, der sie erst wenige Tage zuvor in Begleitung einer Katze begegnet ist. Und kurz darauf im Keller auf eine Kommode stösst, die vollgestopft ist mit Gegenständen aus dem Dritten Reich. Es kommt schlimmer. Viel schlimmer.
Die Autorin erzählt ruhig und unaufgeregt - dennoch oder gerade deshalb vermag sie ihre Leserschaft zu packen. Charakteristisch ist für Julia Koch, zwei Handlungsstränge parallel zu führen, wobei einer sofort in eine Art Abgrund voll Angst führt. Erst am Ende der Geschichte entfaltet sich der grauenhafte Zusammenhang zur Haupthandlung.
Die Geschichte wirkt verstörend realtitätsnah! Da möchte man fast aufschreien - das kann es nicht bei uns geben! Und doch weiss man im Hinterkopf, dass es in der Schweiz neben viel Licht finstere Schatten gibt. Ein Markenzeichen der Autorin ist ihre akribische Recherche zu ihren Romanen.
Beim Titel des Buchs “Tod am Pilatus” frage ich mich, ob er auf einer Marketingentscheidung des Verlags beruht. Diese Titel “Tod am…” “Tod im…” sind beliebig austauschbar und sollen wohl Regionalität und Spannung ausdrücken, führen aber oft dazu, dass sich Bücherfreunde schwer tun, sich in dem Wald von gleichförmigen Buchtiteln zu orientieren.
Ein sehr empfehlenswerter, spannender Kriminalroman, bei dem Ortskundige sich fast sicher sind, die Villa Balthasar in Hergiswil zu kennen, so akribisch passen bei Julia Koch die geografischen Beschreibungen, bei denen sie Realität und Fiktion für ihre Geschichte sehr geschickt verwebt. Julia Koch gehört für mich zu den besten Schweizer Autorinnen.