Auf der Müllkippe mitten in ihrem Rudel lebt die Hündin Fleck. Nach einem Kampf mit ihrem Bruder verliert sie ein Auge und wird von nun an nur noch Narbe genannt. Eines Tages steht der Rüde Max, der sich verlaufen hat, vor ihr. Max und Narbe müssen flüchten, denn sie werden von Narbes Bruder angegriffen. Die beiden machen sich auf die Suche nach Max’s Menschenfamilie.
Max träumt von einer Zukunft mit Narbe und träumt von Liebe und gemeinsamen Welpen. Narbe weiss nicht, ob er dies ernst meint, denn eine einäugige Hündin wie sie kann doch niemand lieben.
Nachdem ich die Bücher “Mieses Karma” des Autors gelesen habe, habe ich mich gefragt, ob mich Davod Safier vielleicht mit einer Liebesgeschichte überzeugen kann? Wieder sind die Protagonisten Tiere, die vermenschlicht wurden. Das heisst, sie sprechen, reagieren, denken und fühlen wie Menschen. Das muss man mögen und sich darauf einlassen.
Ab und zu blitzt ganz viel Tiefe auf und Lebensweisheiten oder Ansichten drücken durch, die mich haben sinnieren lassen. Da ist zum Beispiel Narbe, die nach einem Angriff, die auf einem Machtkampf und Kräftemessen beruht, sich mit einer Beeinträchtigung durchschlagen muss. Die Hündin ist überzeugt, dass sie dadurch nicht liebenswert ist. Als sie Max kennenlernt, ist sie sich deshalb sicher, dass dieser schöne und gebildete Hund sie nicht lieben wird. Der Kampf, den Narbe mit ihm und insgeheim auch mit sich selbst austrägt, kann man genauso auf reale Beziehungen im realen Leben übertragen. Ausgesprochen witzig empfand ich der Blick der Hunde auf die Menschen. Wo in “Mieses Karma” ganz viel schwarzer Humor steckt, ist dieses Buch absolut frei davon.
Diese Ballade behandelt nicht nur die Themen Freundschaft und Liebe. Ab und zu fand ich es sehr brutal, wie zum Beispiel, als Max und Amelie in die Hände von Hundefängern geraten und ein anderer Hund eingeschläfert wird. Oder der beschriebene Kampf zwischen Narbe und ihrem Bruder.
Die Abenteuer, wobei das fast zu salopp ausgedrückt ist, denn was Narbe und Max erleben, sind keine lustigen Abenteuer. Sondern knallharter Kampf ums Ueberleben. Regelmässig wird ein Nebenstrang, bei dem ich mich auch nach Beendigung frage, was das soll, eingesetzt. Ich bin nach wie vor ahnungslos, wer da in fett geschriebenen Text erzählt und wie die Beziehung zu den Protagonisten Max und Narbe ist. Es hat wohl was mit Wiedergeburt zu tun. Ein Thema, das mich weder interessiert noch glaube ich daran.
Verwirrend empfand ich, dass die Hündin, die eigentlich von der Mutter “Fleck” getauft wurde, schlussendlich, nach ihrer Verletzung zu Narbe wurde. Zwischendurch wird sie Orchidee genannt, dies wohl als Kosename. In dem Titel heisst sie “Amelie” und so auch am Ende des Buches.