«Achtzehn Passagiere – sieben Stopps – ein Killer»: Mehr braucht es nicht, um mich neugierig zu machen. Vor allem, da mich «Bullet Train», das mit ähnlichem Inhalt wirbt, so begeistert hat.
Alexandra Benedict teasert gleich zu Beginn an, dass einer ihrer Figuren in den frühen Morgenstunden des 24. Dezembers im Schlafwagenabteil etwas zustösst. Dann dreht sie die Uhr ein paar Stunden zurück und startet kurz vor Abfahrt des Nachtzuges von London nach Fort William. Sie stellt uns die Figuren ihres Stücks der Reihe nach vor (genauso fühlte ich mich oft beim Lesen des Krimis: wie im Theater): Da hätten wir Roz, frühpensionierte Polizistin, auf dem Weg zu ihrer hochschwangeren Tochter, Heather, bei der die Wehen zu früh einsetzten. Eine Influencerin mit ihrem zweifelhaften Freund. Eine Gruppe Student*innen, die sich auf ein Fernsehquiz vorbereiten. Eine Familie mit vier Kindern. Eine ältere Frau, ihr Sohn und die gemeinsame Katze. Ein Staatsanwalt. Ein blinder Passagier und eine alleinreisende Frau.
Es dauert bis zur Hälfte des Krimis, bis der Mörder erstmals zuschlägt und die Ermittlungen beginnen. Spannung ergibt sich daraus, dass der Zug entgleist und die Schicksalsgemeinschaft in den schottischen Highlands von jedweder Hilfe abgeschnitten ist, während der Täter mitten unter ihnen ist. In Einschüben lässt uns Benedict an dessen Gedanken teilhaben. Ansonsten nimmt die allwissende Erzählerin vor allem die Perspektiven von Roz und der Influencerin Meg ein.
Die Auflösung kam mir am Ende zu schnell und zu glatt. Es blieb, wie ich fand, eher wenig Gelegenheit zum Miträtseln. Anders als beim Mord im berühmten Orientexpress, auf den mehrfach verwiesen wird. Die Missbrauchsthematik, die auf mehrere Figuren zutrifft, sorgt zudem bewusst für Schwere. Es ist somit zwar ein Weihnachts- aber damit noch lange kein Wohlfühlkrimi. Mich hat «Mord im Christmas Express», übersetzt von Anke Caroline Burger, zwar durchaus gefesselt, aber so richtig begeistern konnte er mich nicht.