Absolut niederschmetternd für eine Mutter zu erkennen, dass sie keine Chance hat, ihrer Tochter eine gute Kindheit und Zukunft zu ermöglichen. Die Geschichte spielt in den 70er Jahren in Zürich und Norditalien und zeigt die Welt der Saisonniers, die als Arbeitskräfte willkommen sind, als Menschen aber nichts zu suchen haben. Adelina als Tochter italienischer Einwanderer ist schwach in der Schule, kann nicht lesen und bekommt eine Chance als Näherin. Aber sie hat kein Glück, Umstände, Schicksalsschläge werfen sie aus der Bahn. Sie verliebt sich, bekommt eine Tochter und muss sich und ihre Tochter allein durchbringen, gerät in die Schuldenfalle. Ein zwielichtiger Typ zahlt ihre Schulden, seine Motive sind unklar, und schliesslich endet alles in einem Desaster.
Eindrücklich und wortstark schildert Bärfuss das Leben im Prekariat, die Chancenlosigkeit, die vom System so gewollt ist, all die lieben Leute, die dann die Armutsbetroffenen auch noch schamlos ausnützen. Der Exkurs in die italienische Rote Brigade erscheint etwas bemüht, die gebotenen Gesellschaftstheorien etwas mühsam, aber leider zutreffend.
Das Buch ist zügig, spannend zu lesen, zuweilen bedrückend, insgesamt eine eindrückliche Sicht von «unten». Ja, was kann eine Mutter tun, wenn es knapp für eine Krume Brot reicht? Verspricht das Zukunft? Könnte sie dieser modernen Sklaverei entkommen?