Eine Wucht - spannend und sehr aufschlussreich. So lerne ich gerne über Aktualität, Politik und Geschichte
Natalie Amiri, Tochter eines iranischen Vaters und einer deutscher Mutter wächst in Deutschland (München) auf. Sie kann ihren Vater bereits als Kind konnte sie mit ihrem Vater in den Iran reisen. Später studierte sie Orientalistik und Islamwissenschaft. Sie wollte schon früh zum Journalismus und kennt vermutlich äusserst fundiert und nah die Geschichte des Iran, die Entwicklung der Machtverhältnisse, die Situation der Bevölkerung über die vergangenen Jahrzehnte und hat kein Risiko gescheut, sich mitten ins Kreuzfeuer zu begeben, vor Ort zu recherchieren und den Kontakt zu Menschen im Iran zu pflegen.
Ihr Bericht hat mich gefesselt und zutiefst berührt. Wie wenig ich tatsächlich weiss, ist mir eindrücklich aufgegangen. Sie erzählt vom Machtwechsel von den Mullahs über das Atomabkommen und dessen baldige Auflösung bis zur Situation während der Covid-Pandemie. Schonungslos und äusserst gut recherchiert bringt sie es auf den Punkt, ohne irgend einen Part zu schonen. Auch der Wesen, die USA und Europa - deren Haltung und der Einfluss auf die Machtverhältnisse im Iran kommen zur Sprache. Ausgezeichnet und spannend geschrieben. Immer wieder erlebt man förmlich die Reisen mit, die Diskussionen mit der Bevölkerung, ihren Interviews auf der Strasse, mit Politikern und mit Freunden. Ihr Leben zwischen Macht und Kultur im Iran und dem Westen wird begreiflich dargestellt - gleichzeitig gibt der Bericht sehr viel Aufschluss über die Geschichte und die Umstände im Iran.
Dieses Buch ist keine wissenschaftliche Analyse. Es liefert vielmehr einen aktuellen Lagebericht des Landes und einen Abriss der Geschichte der Islamischen Republik aus meiner Perspektive als Journalistin, als Tochter eines Persers und einer Deutschen, aufgewachsen in Deutschland.
Ich habe nie ein Land bereist, in dem ich Landschaften sah, die kontrastvoller kaum sein könnten. Als hätten sich viele Elemente aller Kontinente in einem einzigen Land getroffen. ….Ich liebe es, in die iranischen Provinzen zu fahren, dort mit den Menschen zu sprechen. Wenn sie mir ihre Geschichte erzählen, wird mir jedes Mal bewusst, wie wichtig es ist, als Journalistin mit der Bevölkerung direkt kommunizieren zu können.
Seine Hände und Füsse wurden angeschnallt und die Maschine beugte seinen Körper nach vorn. 40 Hiebe auf Oberkörper und 40 Hiebe auf die Beine. Ich wartete vor dem Raum, in dem er ausgepeitscht wurde. Neben mir warteten weitere Personen, die auf ihre Auspeitschung warteten.
Während zu Beginn der Revolution keine Ausnahme gemacht wurde, kann man heute Peitschenhieben auch entgehen, wenn man die Strafe finanziell begleicht. Es kommt darauf an, wie der Richter die Straftat definiert und in welcher Laune er ist.
Ich habe mehrfach mit Iranerinnen und Iranern darüber gesprochen, wie es möglich ist, in einem solchen Staat zu leben. Sie mussten es lernen, erzählten sie mir. Jeder Einzelne zeigt sich in der Arbeitswelt, im Kreis der Freunde und zuhause in seiner jeweils angepassten Persönlichkeit.
Es ist Willkür, mit der die Gesellschaft in Schach gehalten wird.
Für eine kurze Zeit hörte man bei politischen Hintergrundgesprächen auf Konferenzen, dass Soleimani auch als Frenemy bezeichnet wurde, ein Rivale, zu dem man aufgrund der Umstände gezwungen ist, eine freundliche Beziehung aufzubauen.
Das ist unser anhaltendes Dilemma: Wir Journalisten müssen immer darauf achten, wer uns instrumentalisieren könnte. Niemand gibt Informationen weiter, nur weil er ein guter Mensch ist. Entweder der Informant will, dass diese Informationen an die Öffentlichkeit kommen, oder er gibt sie dir, weil er mit dem inneren Machtapparat eine Rechnung offen hat.
Es war uns ein Rätsel, warum das reiche Europa einem mittelalterlichem Regime, das die europäischen Werte und Lebensweise hasst, derart auf den Leim geht: ein Regime, das seit Jahrzehnten von Menschenrechtsorganisationen und ehrenhaften Politikerinnen ihrer Länder wegen massiver Menschenrechtsverletzungen und Unterstützung von bewaffneten Gruppierungen in der Region verurteilt wird."