Wie Seraina Kobler allein die Umgebung ihrer Protagonistin beschreibt und sie für uns mit allen Sinnen erlebbar macht, gehört mit zu ihren grössten Stärken. Selbstverständlich bleibt Polizistin Rosa Zambrano auch im angehenden Winter ihrem Garten, dem Schwimmen in den offenen Gewässern Zürichs und dem kulinarischen Genuss treu. Gerade letzteres hat meinen Magen zwischenzeitlich gehörig knurren lassen, denn selbst Snacks lesen sich bei ihr unglaublich lecker.
Der Fall liess mich diesmal lange im Dunkeln tappen. Kobler wechselte zwar erneut mehrfach die Perspektiven, jedoch lange ohne die Täterschaft aufzudecken. Und so rätselte ich munter mit Rosa und ihrem Partner Martin der Abteilung Leib und Leben. Seraina Kobler nimmt erneut zwischenzeitlich bewusst Tempo aus dem Krimi. Rosa, die ja eigentlich bei der Seepolizei arbeitet, wird nach einem Datenleck in den eigenen Reihen zeitweise nicht so stark in die Ermittlungen eingebunden und widmet sich stattdessen ihren Hobbys, ihrer Familie und ihrem Privatleben (da tut sich übrigens was). Hinzu kommt, dass die Ermittlungen äusserst schleppend vorangehen. Die eigentliche Tat wird im November begangen, die Aufklärung gelingt erst mehrere Monate später. (Wer im Krimi nach Action und atemloser Spannung sucht, wird mit den Rosa Zambrano-Fällen womöglich nicht ganz so gut bedient sein.) Die Motivation hinter den Taten hat mich nicht zu 100 Prozent überzeugt, war für mich aber auch eher zweitrangig.
Thema des zweiten Zambrano-Falls ist die Städtebaupolitik Zürichs. Wir bewegen uns auf den historischen Spuren des Zürcher Ypsilon und tauchen gleichzeitig ein in ein fiktives Projekt namens Cargoload, das Schweizer Grossstädte mit unterirdischen, automatisierten Gütertrassen verbinden will. Es geht um Seilschaften, Begünstigungen, Misswirtschaft, aber eben auch um visionäre Grossprojekte und deren Umsetzung. Kobler greift die Frage auf, wie wir in Zukunft leben wollen.
Ich schätze an den Rosa-Zambrano-Fällen die Erzählweise mit dem Gespür für Details, für Stimmungen, die Natur und den Genuss. Mir gefällt die Hauptfigur, von deren Vergangenheit wir diesmal mehr erfahren, die an einem Scheideweg steht und entscheiden muss, was ihr im Leben wirklich wichtig ist. Für Rosa stehen am Ende tatsächlich berufliche und private Veränderungen an. Wo sie die Ermittlerin hinführen, bleibt offen und lässt mich auf eine (baldige?!) Fortsetzung hoffen.