Es ist Herbt im Jahre 1946, der zweite grosse Krieg ist vorbei und die Welt versucht mit den Geschehnissen der letzten Jahre klarzukommen. Wir begleiten Eleanor, wie sie nach einer langen Reise von Baltimore endlich mit ihrer Zwillingsschwester in der Schweiz ankommt. Den beschwerlichen Weg haben sie auf sich genommen um bei der Testamentsverlesung ihres seit Jahren verschwundenen, und nun für tot erklärten Grossvaters beizuwohnen.
Im Hotel “Bel Veder” auf der Finsteralp im Berner Oberland werden sie auch schon von ihrem Cousin, dessen Verlobte und einer Cousine empfangen. Was zu Beginn noch ein gemütliches Kennenlernen von Hotel und Familie ist, artet schon sehr bald in eine äusserst unangenehme Situation aus. Geheimnisse, alte wie auch neue, werden nach und nach aufgedeckt und werfen ein immer klarerers Licht auf die vergangenen Geschehnisse innerhalb der Familie und den Tragödien, welche sich hier auf der Finsteralp abgspielt haben.
Wer von Anfang an Action erwartet, ist hier an der falschen Stelle. “Bel Veder” ist ein Vertreter der klassischen Gruselgeschichte. Es lässt sich Zeit, uns zuerst mit der Umgebung und den Charakteren vertraut zu machen, bevor der Schrecken beginnt. Ich möchte es nicht Horror zu nennen, denn die Bezeichnung welche der Autor Mirko Beetschen gerne benutzt, finde ich viel treffender. Hier handelt es sich um eine Schauergeschichte, ein slow burn. Doch das Unbehagen und das Herzrasen, welches ich in bestimmten Abschnitten hatte, war deshalb nicht weniger intensiv.
Die Atmosphäre ist hervorragend. Das Hotel fühlt sich verlassen und alt an. Jeder Schatten in den dunklen Räumen scheint uns zu beobachten und überall scheinen Geheimnisse zu sein. Der einzige Ort an dem ich mich als Leser einigermassen sicher fühlte, war das Zimmer, welches Eleanor mit ihrer Schwester teilt. Ausserhalb dieses Raumes war das Unbehagen so real und greifbar, dass ich “Bel Veder” unmöglich nach Sonnenuntergang lesen konnte. Als sich dann nach einem tragischen Unfall die Geschehnisse überschlagen, gab es für mich kein halten mehr und ich konnte das Buch beinahe nicht mehr aus der Hand legen.
Ich kann dieses Buch jedem sehr ans Herz legen, der sich einem langsamen aber stetigem Grauen hingeben will. Ein Muss für jeden Fan von klassichen Schauergeschichten und ein perfekter Auftakt für die Halloween saison.