Ja, dieses Buch. Ich habe es schon länger im Blick, allein schon wegen des besonderen Covers und dem Klappentext, der zwar vage, aber dennoch auch interessant klang.
Sagen wir es so, ich hätte es bei diesem vagen Text belassen sollen. Die Idee war nicht schlecht, die Umsetzung hatte jedoch noch Luft nach oben und mit den Charakteren konnte ich absolut gar nichts anfangen.
Das beginnt mit Doktor Fiorella und der macht als Protagonist leider sehr viel aus. Das Ziel hier wäre wohl ein etwas verwirrtes Superhirn gewesen, nehme ich mal (erahnen kann man es kaum). Stattdessen bekommt man einen Typen, bei dem es mir kalt den Rücken runterläuft. Sagen wir es so, gäbe es ihn in echt, hätte ich schnellstmöglichst Abstand von dem Kerl gesucht.
Die Art wie er sich von Linnea angezogen fühlt, während sie komatös im Bett liegt (und keiner den anderen kennt) ist für mich schlicht nicht romantisch. Und gleichzeitig ist da seine Verlobte, die ihn zwar wirklich nicht fair behandelt und selbst absolut kein liebenswürdiger Mensch ist (wieso er sie nicht längst stehengelassen hat, ist mir unklar, denn Geld kann es trotz der Behauptung nicht mehr sein, denn Doktortitel und Praxis und alles hat er ja schon).
Mit dieser Kombination hat sich bei mir im Kopf automatisch die Verbindung ergeben, dass er mit Linnea eine Art Ventil sucht. Zuhause ist er unterwürfig, auch wenn er längst gehen könnte (es ist ihm ja bewusst), aber hey, da liegt ja ein komplett fremdes Mädchen im Bett, das weder nein sagen, noch sich wehren könnte (und noch schlimmer, dennoch alles gleichzeitig mitbekommt) und dann ist sie auch noch heiss, also wieso sollte er sich ihr nicht annähern? War wahrscheinlich nicht so gedacht, aber ich bekam es nicht mehr aus dem Kopf. Sein Unterbewusstsein, welches ihm immer wieder dazwischenredet und eigentlich eher als lustig gedacht wäre, legte bei mir mit diesem festgebrannten Bild nur einen zusätzlichen Schleier einer psychischen Gestörtheit auf.
Das mag an sich eigentlich absolut kein schlechter Figurenaufbau sein - für einen klaren Antagonisten. Als Bösewicht wäre er echt genial ausgedacht gewesen (ich hätte eine solche Geschichte liebend gern gelesen), nur ist er ja der Gute und diese extreme Anziehung wird zudem auch als Romanze gesehen, obwohl sie auch ohne den Gruselfaktor nicht wirklich tiefgründig gewesen wäre.
Zugegeben, ich interpretiere gerne und (zu) viel in Geschichten hinein (eines meiner grossen Talente, denn ich kann aus allem alles Mögliche herausholen) und die vielen positiven Bewertungen, die es auch gibt, zeigen, dass kaum jemand so weit gegangen ist und die Sache so interpretieren würde. Ich selbst hätte es auch gerne mehr gemocht oder es sogar geliebt, wenn Fiorella auch wirklich der verdiente Bösewicht hätte sein dürfen und auch klar als solcher gezeigt worden wäre (der Klappentext hätte diese Möglichkeit offengelassen, weshalb ich auch erst etwas in diese Richtung erwartet habe), aber mein persönlicher erster Eindruck hat sich einfach extrem festgefahren und konnte sich, auch nachdem Linnea wach wurde, nicht lösen.
Das rührt auch daher, dass die Beziehung auch so sehr flach ist. Beide gehen auf die 30 zu, benehmen sich aber wie naive Teenager und sind gleichzeitig auch sofort ineinander verliebt, ohne sich je kennenzulernen. Ich kann nicht wirklich etwas mit solchen Insta-Lovestorys anfangen, vorallem dann nicht, wenn danach nicht einmal mehr folgt. Und insbesondere dann nicht, wenn die Romanze zusätzlich komplett den Fantasyfaktor unterdrückt.
Auch mit den beiden anderen Protagonisten konnte ich absolut nichts anfangen. Linnea ist ruhig und sanft, weshalb sie an der Seite von Fiorella schnell überschattet wird (der hat ja, wie gesagt viel Persönlichkeit, nur eben falsch umgesetzt).
Und Poppy, die mir eher hilflos und kindlich wirkt und trotzdem treu an Fiorellas Seite arbeitet, verstärkt mir nur den Eindruck eines Typen, der die Hilflosen gerne um sich schart, um sich selbst stark zu fühlen, selbst wenn er es Zuhause nicht ist. Denn wie eine gut studierte Assistentin in einer Praxis, die auch mal selber durchgreifen könnte, wirkt sie für mich nicht (viel geforscht wird im Buch zwar nach dem Anfang nicht mehr, also könnte ich nicht einmal sagen, wie intelligent und gekonnt Fiorella und Poppy in ihrem Gebiet überhaupt sind). Sie sorgt ja noch für Überraschungen, sowie ich das mit dem Scannen der letzten Seiten mitbekommen habe (auch der Titel des zweite Bandes deutet ja daraufhin), aber das folgt erst, nachdem ich schon längst den Faden verloren habe und nur noch auf Überscan-Modus gewechselt habe, um es noch zu beenden, weshalb sich mein Eindruck von ihr ebenfalls nicht verbessert hat.
Auch allgemein hat mir einiges gefehlt. Der Weltenaufbau war, gerade was die Fantasyelemente angeht, sehr schwach. Viel lernt man nicht, auch nicht über die Praxis von Fiorella. Was genau macht er dort zum Beispiel? Erklärt wird es leider nie genau. So wie es klingt behandelt er seltenere Krankheiten oder erforscht er sie nur? Und sind alle davon magischen Ursprungs oder nicht? Sind er und Poppy die einzigen dort oder hat er noch mehr Angestelle und/oder Arbeitskollegen und was würden diese über das besondere Mädchen oder andere seiner Patienten denken? Wie weit verbreitet ist das Wissen über Magie unter den Leuten überhaupt allgemein? Was für Talente und Fähigkeiten hat Linnea noch, ausser die Pflanzen wachsen zu lassen?, etc. Da fehlte noch einiges, was für mich zu einem guten (und magischen) Weltenaufbau gehört hätte.
Im Gesamten eine eigentlich tolle Grundidee, die aber leider nicht ihren verdienten Aufbau bekommen hat. Die Figuren haben das Ganze dann wirklich noch extrem nach unten gezogen, auch wenn es meine eigene fantasievolle Interpretation ist, die es so weit getrieben hat und die auch gerne eine andere und düstere Wendung in der Geschichte gesehen hätte. Eigentlich hätte ich es gerne gemocht und auch wenn ich Band zwei ganz bestimmt nicht lesen werde, möchte ich der Autorin gerne nochmals ein anderes Mal eine Chance geben, denn auch wenn ich es nicht gerne wenige Sterne verteile, gerade bei unbekannteren Autoren, aber das Buch hat bei mir nicht mehr als zwei Sterne verdient.