Es als “schönes” Buch zu bezeichnen, wäre der falsche Ausdruck - aber als gutes, aussergewöhnliches Buch.
Als Kind fällt Mina in Brennesseln und entdeckt, dass sie das mag, noch mehr davon will.
Über die Hauptprotagonistin Mina, die in dörflicher Umgebung in einem behüteten Elternhaus aufwächst, erfahren wir als Leser, wie es sein muss, anders zu sein. Anders zu lieben. Alles dreht sich um diese Erfahrungen, um das Verstecken, das Verstehen wollen. Schonungslos, sehr offen. Das Dunkle daran ist auch zum Lesen schmerzhaft. Der Roman kommt vollkommen ohne Klischees aus, ohne eine Sensationslüsternheit und ohne Aufreizen. Dass Körperliche, die Erfahrung des Körpers, der Identität ist wesentlich in diesem Inhalt. Im zweiten Teil gibt es eine Pause vom Schmerz - eine gewisse Sanftheit, das sich mit der Natur befassen. Mit ins Spiel kommt auch das Thema Klimawandel. Den Zusammenhang konnte ich nicht ganz begreifen. Im dritten Teil dann das wieder Zurückfinden, vermutlich das wirkliche Finden der Identität und das Zurückkehren zu Vetko, dem Mann, der sie in ihrer Art erkannt hat und der darauf antworten kann. Ob all dem kann ich es nicht loswerden, das Verhalten als selbstschädigend einzuschätzen.
Inhaltlich ausserordentlich, bemerkenswert gut. Sprachlich meistens ebenfalls, auch poetisch. In Teilen war mir die Sprache zu gesucht. Insgesamt finde ich es ein gelungenes Debutwerk dieser Autorin. Ich werde gerne weitere Bücher von ihr lesen.
Seine besorgen Textnachrichten beantwortete sie teilnahmslos und frage sich, ob der Preis für eine Handvoll leuchtender Minuten nicht zu hoch war:
Die Brennnessel war ihr Vergissmeinnicht.
Vetko war ihr Instrument geworden, mit dem sie sich zertrümmerte, bis sie aufhörte, sich die Frage nach dem Woher ihres Systemfehlers zu stellen.
Wer zurückkehrt, kommt nie an den Ort zurück, von dem er aufgebrochen ist.