Dieses Buch werde ich so schnell wohl nicht vergessen, dabei hat es mir nicht einmal besonders gut gefallen. Schuld an letzterem ist Pete Wonicke, der Grund für ersteres Ruth Malone.
In aller Konsequenz ist In der Hitze eines Sommers auch ein sehr feministischer Roman. Er beruht auf der wahren Geschichte um Alice Crimmins und ihrer Kinder. Ähnlich wie bei Das letzte Bild fragte ich mich also auch hier permanent, was denn nun Realität und was Fiktion ist. Alice Crimmins, und entsprechend auch Ruth Malone, hatte einen für die damalige Zeit eher ungewöhnlichen Lebensstil und geriet so schnell in Verruf.
Nur wenig wird aus der Sicht Ruth Malones erzählt, stattdessen wird viel über sie erzählt. Und das geschieht einerseits größtenteils aus der Sicht von Männern, egal ob Ermittler oder Reporter, und andererseits in wenig schmeichelhaften Tönen. Sowohl Polizei als auch Medien schießen sich schnell auf Ruth Malone als Schuldige und Kindsmörderin ein. Als Leserin saß ich also vor dem Buch und hätte manchmal am liebsten vor Frustration geschrien. Denn aus heutiger Sicht ist es absolut unverantwortlich, keinerlei andere Verdächtigen auch nur in Betracht zu ziehen, zumal Ruths Verhalten heute wohl für wenig Aufsehen sorgen würde.
Für Bewunderung meinerseits sorgten vor allem die letzten paar Kapitel. Denn wie Ruth Malone mit dem Tod ihrer Kinder und den darauf folgenden Geschehnissen umgeht, zeugt in meinen Augen von einem Rückgrat aus Stahl. Ich denke nicht, dass es viele Menschen gibt, die den Willen haben, damit auf solch beachtenswerte Weise umgehen. Und es zeigt am deutlichsten, warum sich die Gesellschaft, insbesondere die männliche Gesellschaft, der 60er-Jahre so an einer Frau wie Ruth Malone stoßen würde: sie ließ sich nichts vorschreiben und sich nicht unterkriegen.
Nun aber zu der Person, deren wichtige Rolle im Buch ich bis zum Ende nicht nachvollziehen konnte: Pete Wonicke. Er kommt mit seinen Berichten über Ruth Malone am häufigsten zu Wort, entwickelt dabei aber eindeutige Stalker-Gewohnheiten. Zudem hatte ich nicht das Gefühl, dass die Handlung durch ihn in irgendeiner Form vorangebracht worden wäre. Mir ging er also ziemlich auf die Nerven und vermieste mir In der Hitze eines Sommers damit ein Stück weit. Er trug auch zu dem eher langatmigen Schreibstil bei, der mich stellenweise langweilte.
Dennoch handelt es sich um ein Buch, von dem ich euch nicht abraten will. Die wahren Hintergründe machen es sehr spannend und die Umstände des Kriminalfalls bieten die Möglichkeit, auf den Sexismus und die Misogynie in der New Yorker Gesellschaft Mitte der 60er einzugehen.