Ich bin hin- und her gerissen. Wie soll ich das Buch bewerten? Vom Stil her hat es mich total überzeugt. Sprachgewaltig, poetisch. Rythmisch ein Genuss und viele unverbrauchte Methapern.
Aber der Aufhänger „Dies ist ein weiblicher Text“ (dies wird ähnlich einem Mantra den Lesenden eingehämmert) hat mich genervt. Heisst es Frau ist weiblich, wenn sie gebären kann, wenn sie stillen kann, wenn sie eine aufopfernde Mutter ist, die gerne Hausarbeit verrichtet?
Die Botschaft war mir zu schwarz/weiss, zu platt und zu rückständig. Es gibt viele Frauen die keine Kinder bekommen können oder wollen, die nicht stillen können oder wollen, die liebevolle Mütter sind, auch wenn sie ihr eigenes Leben weiterführen, ohne sich bis zum Exzess aufzuopfern und dennoch sind diese Frauen aus meiner Sicht absolut weiblich.
Es handelt sich um einen autobiographischen Text. Dazwischen immer wieder Kapitel über eine verstorbene Schriftstellerin, deren Leben aufgerollt und analysiert wird. Ich habe mich immer wieder gefragt, was will mir die Schriftstellerin erzählen? Für mich scheint sie eine Person zu sein, die nicht mit sich klar kommt, will ich das wirklich lesen? Nein. Mich hat es inhaltlich nicht bereichert, wobei ich in meinem Umfeld diverse Gespräche mit Freundinnen geführt habe, über das Thema „was ist weiblich?“ aus dieser Sichtweise hat das Buch seine Aufgabe erfüllt, es hat mich aufgerüttelt, auch wenn im negativen Sinn. Hätte mich die Sprache nicht verführt und wäre ich nicht Teil des Book Circles, ich hätte das Buch in der Hälfte weg gelegt.
Dennoch möchte ich es nicht schlecht machen, nur weil ich nicht die Zielgruppe bin. Bestimmt gibt es viele Frauen, die im Gebären die Erfüllung des Lebens sehen, für diese Frauen ist das Buch sicherlich eine wahre Freude.