Ein malerisches Dorf in der Bretagne, ein unerwartetes Erbe, das zu einem Neuanfang wird, jede Menge leckeres Essen und eine ungewöhnliche Häufung von Todesfällen bietet Tereza Bergers erster Fall.
Ich-Erzählerin Tereza ist Mitte 40, geschieden, Mutter zweier erwachsener Kinder und Buchhändlerin in Zürich, als sie erfährt, dass sie eine Grosspatentante hatte, die ihr ein Haus in Camaret-sur-Mer hinterlassen hat. Voller Hoffnung auf einen finanziellen Neustart fährt sie mit ihrer alten Ente in die Bretagne, um das Haus schnellstmöglich zu verkaufen. Doch der Charme des renovierungsbedürftigen Hauses, seiner provisorischen Buchhandlung, des Dorfes und seiner Bewohner*innen stimmt sie langsam um. Ja, und dann ist sie plötzlich Hauptverdächtige in einem möglichen Mord und die beste Verteidigungsstrategie ist, eigene Ermittlungen anzustellen.
Nach einem Prolog vom 11. April zum Fund der ersten Leiche am Strand von Pen Hat, setzt die Handlung am 12. Juli ein und wird von dort engmaschig bis zum 15. August fortgeführt. «Bretonisch mit Meerblick» ist ein Krimi zum Miträtseln. Das Figurenarsenal erweitert sich stetig, je besser Tereza Land und Leute kennenlernt. Entsprechend viele Fährten gibt es für uns Hobby-Ermittler*innen. Gabriela Kasperski trifft die Atmosphäre, die ich mir (möglicherweise voller Klischees) für so ein französisches Dorf vorstelle, hervorragend. Das wechselhafte Wetter, die wunderschöne Landschaft, die mal kauzigen, aber überwiegend herzlichen Menschen, das tolle Essen, die örtlichen Sagen und Mythen – das Buch lädt direkt dazu ein, gedanklich auf Reisen zu gehen. Dazu tragen natürlich auch die vielen französischen Ausdrücke und Ortsbezeichnungen bei.
Dass sich der Ermittler, der Schotte Gabriel Mahon, so in Tereza verbeisst, erscheint zwar ungewöhnlich, aber so ist Tereza gleich mitten drin im Geschehen und den Ermittlungen. Gabriela Kasperski nimmt sich viel Zeit, uns die Region und ihre Menschen zu beschreiben, sodass sich die Spannung im eigentlichen Krimi gegen Ende rasant zuspitzt und in einem bedrohlichen Finish entlädt
Die Figuren sind nicht nur zahlreich, sondern auch vielschichtig, sodass ich mich jetzt schon auf ein Wiedersehen mit ihnen freue. Im Ort verläuft ein tiefer Graben zwischen Modernisieren und Bewahrern, der ganze Familien spaltet. Zum Miträtseln luden, neben den Todesfällen, die Schmierereien an Terezas Haus und die Identität der geheimnisvollen Radiomoderatorin Sophie ein, deren kritischen und erhellenden Beiträge Tereza schnell im Ort ankommen lassen.
Tereza selbst ist eine quirlige, neugierige, kämpferische und optimistische Frau mit einer Vorliebe für Schokolade. Dass sie den grossen Buchbestand ihrer verstorbenen Grosspatentante zur Eröffnung ihrer eigenen Buchhandlung nutzt, dürfte auch der Traum vieler Lesenden sein. (Ebenso wie die Tatsache, haufenweise Schokolade und feine französische Backwaren mit Unmengen Butter essen zu können, ohne auszusehen wie ein Pralinchen ;-))
Ich werde mich jedenfalls gleich in den nächsten Band stürzen und von einem Urlaub in der Bretagne träumen – wenn auch ohne Todesfälle.