Literarisch enorm spannender Roman über das Patriarchat und eine Emanzipation.
Als Luises Grossmutter, die Herrin der ausschliesslich aus weiblichen Mitgliedern bestehenden Familie, stirbt, steht Luises Welt auf der Kippe. Sie entdeckt, was ihre Grossmutter ihr vorenthielt, hinterfragt Gewissheiten und ihre Rolle im Familiengefüge und beansprucht am Ende endlich ihr Leben für sich selbst.
Annika Reich lässt Ich-Erzählerin Luise von ihrer Emanzipation erzählen. Erinnerungen aus der Vergangenheit verflechten sich dabei mit Momenten von der Beerdigung und der jüngeren Vergangenheit zu einem immer erdrückenderen Familienbild. Bildgewaltig sind auch die metaphern- und gegensatzreiche Sprache sowie die Geschichte an sich: Reich lässt ein herrschaftliches Anwesen, ein Leben im Überfluss und rauschende Feiern vor uns auferstehen.
Ihre Protagonistin ist völlig verloren im eigenen Leben. Sie sah sich als Kind gezwungen, die Erwartungen der übermächtigen Grossmutter zu erfüllen, deren Erbe sie nun antreten soll. Sie lebt in einer Welt der Geschichten, sagt selten, was sie denkt, sie ist orientierungslos und zweifelt an ihren Erinnerungen. Sie sieht und bewertet die Welt mit den Augen der Grossmutter und löst sich erst langsam aus ihrem mächtigen Schatten.
«Männer sterben bei uns nicht» hat mich ungemein fasziniert. Es ist eine ruhig erzählte Geschichte, die für (weiblichen) Zusammenhalt wirbt, viel Sprengkraft bietet und uns dazu anregt, vermeintlich unverrückbare Tatsachen anzuzweifeln und veraltete Strukturen aufzubrechen.