Das Buch beginnt so: “Das ist die wahre Geschichte der Bankräuber Kurt Sandweg und Waldemar Velte, die im Winter 1933/34 denn Seeweg von Wuppertal nach Indien suchten. Sie kamen nur bis Basel, verliebten sich in eine Schallplattenverkäuferin und kauften jeden Tag eine Tango-Platte. Meine Großmutter mütterlicherseits ist zweimal mit ihnen spazierengegangen. Mein Großvater wäre beinahe auf offenen Feld von einer Hundertschaft Polizisten erschossen worden, weil er einem der Räuber ein wenig ähnlich sah.” Die Schallplattenverkäuferin Dorly trifft sich täglich mit den beiden und wie ein Uhrwerk machen sie täglich den gleichen Spaziergang. Zweimal kommt Maria Stifter, die Großmutter des Ich-Erzählers mit, was zu einem Konflikt zwischen ihr und ihrem Fast-Verlobten führt. Der Leser ist überrascht von der Höflichkeit, Bildung und Zurückhaltung der beiden Bankräuber und gleichzeitig abgestoßen von ihrer Brutalität. Ein Spiegelbild Bonney und Clydes. Im schweizerisch-deutsch-französischen Grenzgebiet kommt es zur großen Entscheidung.
Der Autor läßt Journalisten verschiedener politischer Färbungen das Geschehen kommentieren, Erzählung springt hin und her und wird durch Verhörprotokolle der Polizei weitergetrieben. In einer netten Spitze auf den – damaligen und heutigen Journalismus heißt es: “Jetzt muß unbedingt etwas geschehen, und weil nichts geschieht, tun die Reporter, was alle Reporter überall auf der Welt in derartigen Notlagen tun – sie interviewen sich gegenseitig. Der einheimische Lokalreporter bittet den Korrespondenten des „Petit Parisien“ um eine Einschätzung der Lage; als Gegenleistung liefert er ihm auch eine, und dann eilen beide ans Telefon, um die neugewonnenen Erkenntnisse an ihre Redaktion weiterzuleiten.” Die Beziehung der Großeltern des Ich-Erzählers ist von gegenseitiger Abneigung geprägt (der Autor verwendet sogar das Wort Haß), beide sind grundsätzlich anderer Meinung als der Partner und doch bleiben sie jahrzehntelang zusammen und bereisen in gegenseitiger Verachtung halb Europa. Ein gutes kleines Buch!