Die Geschichte hat ihren Ursprung in den 1970er Jahren, mit der Flucht einer Familie aus Tibet, bei der die Zwillingsschwester der damals ca. 5jährigen Hauptprotagonistin Tara verloren geht.
Die Ärztin Tara hat einen guten Posten in der Schweiz - sie ist Mikrochirurgin. Einen Freund. Ihre Eltern sind älter. Der Vater scheint verwirrt. Sie hat offensichtlich eine innere Verbindung zu ihrer Schwester, träumt lebhaft und häufig von ihr.
Tara entschliesst sich, nach Tibet zu reisen und auch die traditionelle tibetische Medizin zu lernen, um beides anwenden zu können. Sie lässt alles hinter sich - ihren Freund, die Wohnung, den sicheren Job, der auch Karriere und Wohlstand bedeutet, ohne zu wissen, wie gut sie wieder dahin zurückkehren kann. Und sie möchte auch ihre Schwester finden.
Im Tibet werden durch die Begegnungen, Kontakte und Beziehungen - auch familiäre - viele politische und zeitgeschichtliche Hintergründe aufgedeckt. Tara ist erschüttert. Tara begegnet Atan, zu dem sich eine enge und intime Beziehung entwickelt. Atan war auch der Mann ihrer Zwillingsschwester Chodonla und gehört zu den Khampa - einer osttibetischen Völkergruppe. Er ist ein Reiter und ist auch zu Pferd mit Tara unterwegs.
Die Schilderungen von Folter sind fast nicht zu ertragen. Zwar werden sie nicht speziell “ausgekostet”, sind aber sehr häufig und sehr krass geschildert - sowohl die Gewalt, die angewendet wird, als auch das Ergötzen der Folterer. Für mich eindeutig zu viel. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass jemand so grausam handelt. Auch die körperlichen Beziehungen, die Sex-Szenen waren für mich zu klischiert, zu sehr mit dem Touch der einzigartigen Kraft, die von der Verbindung dieser Menschen ausgeht beschrieben.
Das Buch ist auch politisch. Es vermittelt mir auch einen Einblick in die Geschichte von Tibet, von China. Die Beschreibung kann niederdrücken. Macht, Regimes - es wird nicht besser. Wenn es vor der Haustür geschieht, bin ich viel aufmerksamer. Um so mehr berühet die Erzählung, die Geschichte, die zwar erfunden ist, deren Hintergrund aber auf Realität beruht.
Die tibetische Tradition scheint etwas weitergegeben zu werden, auch wenn man nicht dort aufwächst. Eine innere Haltung und Empfindsamkeit. Das Buch lebt teilweise von dieser “Magie” von der Verbundenheit zum Land, zur Tradition und der Natur. Das kann ausgesprochen gut gefallen oder auch etwas viel sein.
Die Beschreibung der für uns fremden Landschaft nimmt einen mit auf die Reise. Man fühlt sich in alten Zeiten, an fernen Orten und ist plötzlich wieder in der jüngsten Vergangenheit, in der von modernen Waffen gesprochen wird. Dazu tragen die Beschreibungen der Reisen zu Pferd, die Beschreibung der Kleidungsstücke - Atlan trägt einen Wolfspelz, Tara Jeans - viel bei.
Mit diesem Buch habe ich wieder eine Menge Allgemeinwissen auffrischen und erweitern können. Es hat mich neugierig gemacht, mehr darüber zu erfahren und mich auf die Recherche nach Geschichte und Volk zu machen. Es ist in guter Sprache und spannend geschrieben, wobei mich die Geschichte an sich weniger angesprochen hat.