Inhalt
Siehe auch Klappentext
Die Richterin, Fiona Maye hat quasi konventionelle und auch enorm anspruchsvolle Fälle in Sachen Familienrecht zu bearbeiten. Mit fast 60 Jahren, seit 30 Jahren glücklich verheiratet, kinderlos, wird aber eine Ehekrise zum Thema. Den Vorschlag ihres Mannes, ihm eine aussereheliche Affaire zu gewähren, kann sie absolut nicht akzeptieren.
Die Gerichtsfälle nehmen ihre Zeit und ihre Gedanken vollkommen in Anspruch. Daneben ist sie auch Amateurmusikerin, ab und zu konzertiert sie sogar.
Ein dringlicher Gerichtsfall bringt nun vieles in Aufruhr. Der bald volljährige Adam leidet an Leukämie und wird ohne Bluttransfusion wohl sterben. Als Angehöriger einer Sekte lehnen sowohl seine Eltern, als auch er die Bluttransfusion ab. Fiona hat nun zu entscheiden, ob er gegen seinen Willen und gegen jenen der Klinik die Bluttransfusion erhalten soll. Wäre A ein paar Monate älter, würde ihm das fundamentale Recht zustehen, die Behandlung zu verweigern und es gäbe keine Möglichkeit, ihn dazu zu zwingen.
Zum Buch
Die Schilderung der Gerichtsfälle sind emotional sehr berührend und regen einen zum Nachdenken an. Die Passagen um gerade diesen speziellen Fall sind einfach umwerfend, es ist nichts vorhersehbar. Die Urteilsverkündung derart eloquent und einleuchtend geschildert, dass man sich wirklich wundert, wie ein Schrifsteller das vermag.
Immer wieder ist auch die Beziehung zu ihrem Mann Thema, die Kinderlosigkeit. Dies allerdings immer in der Gedankenwelt von Fiona. Erst gegen das Ende des Buches gibt es da wieder Dialog.
Im Ganzen ist es ein grossartiges Buch, in dem es um Menschlichkeit geht, darum, wie schwierig es sein kann, ein Urteil zu fällen und was man möglicherweise damit auslöst - ebenfalls nicht absehbar, aber auch um eigene Unzulänglichkeiten, Sehnsüchte und um Geborgenheit.
Erzählstil
Ian MacEwan mag mich auch mit diesem Buch begeistern. Er reisst einen mit - mit seiner gewohnt ausdrucksstarken Sprache, die sich keiner Klischees und keiner Sensationen bedienen muss. Er hat recherchiert und die Geschichte auf Gerichtsfälle und Urteile basiert.
Im Gericht: "Demzufolge hat das Kindeswohl für meine Entscheidung oberste Priorität. …
Wohl umfasst nach meinem Verständnis Wohlergehen und Interessen. Ich habe aber auch As Wünsche zu berücksichtigen."
Mit ihrem Mann: “Es war ein Sturzbach, halb Abbitte, halb Rechtfertigung, manches davon hatte sie bereits gehört. Seine Sterblichkeit, seine jahrelange, unerschütterliche Treue, seine überwältigende Neugier, wie es wohl wäre …”
Eine grosse Leseempfehlung.