Äusserst beengend und erschütternd ist diese fiktive Geschichte von Jeanne in einer realen Umgebung. Häusliche Gewalt, die kein Atmen erlaubt, Feigheit und Ohnmacht auf allen Seiten bestimmen den Alltag dieser kleinen hoffnungslosen Familie. Auch als Erwachsene schafft es Jeanne nicht, aus dieser Welt der Wut und Ohnmacht, der inneren Leere und Verzweiflung herauszukommen, zu tief sind die Verletzungen, zu würdelos, brutal schändlich das, was ihr alkoholsüchtiger, jähzorniger und äusserst brutal gewalttätiger Vater ihnen allen angetan hat. Immer wieder spürt Jeanne als Kind schon an seinen Schritten, an seinem Blick, dass es gleich krachen wird. Und die Erinnerungen an diese Brutalität lässt sich weder vergessen noch verdrängen. «Es ist, als gösse man siedend heisses Öl über meine nie ganz vernarbten Verletzungen»(119). Es ist ein stetes Ringen ums Überleben, ein sich über Wasser halten, auch ihre Freundin Marine vermag mit all ihrer Liebe und Geduld nicht aufzulösen, was sich alles in Jeanne hineingefressen hat. Und am Schluss bleibt die Verzweiflung darüber, sich selbst unwürdig verhalten zu haben, letztlich innerlich zerstört zu sein. Hilflosigkeit, Ohnmacht und Überforderung auch gegenüber ihrer Mutter, wie sie sich’s nach deren Tod bitter eingesteht: «..während ich steinhart geblieben war. Durch und durch vergoren. Wie er. Und feige wie der Doktor. Zu spät für Reuegefühle, Entschuldigungen, Ausreden.»(195).
Die Geschichte geht unter die Haut, ist gut geschrieben. Eindrücklich werden auch die Verstrickungen gezeichnet, in denen die Mutter sich befindet, die Enge des Bergdorfes, die Ausweglosigkeit, vor der dann Jeanne nach Lausanne flieht, ein neues Leben versucht, und doch immer wieder von der Vergangenheit eingeholt wird.
Aber: eine wichtige, lesenswerte, aufrüttelnde, eindrückliche Stimme!