Die Biografie beginnt am Hof der Königin, Ende des 16. Jhrd. Lord Orlando, jung, gut aussehend und aus der Oberschicht, verwirrt dort allen den Kopf. Er verliert sich z.B. in poetischen Überlegungen unter seinem Lieblingsbaum, will dreimal heiraten (woraus dann jedes Mal doch nichts wird), verliebt sich unsterblich, wird aber abermals enttäuscht. Dem Leser wird schnell klar: Orlando ist stets auf der Suche nach dem Leben und der Liebe. Dies, ohne beides jemals wirklich bedinungslos zu finden, aber trotzdem stets offenen Geistes auf dem Weg dahin.
Beim Weiterlesen verfolgt man dann in der überhaupt nicht langweiligen Biografie unterschiedliche Lebensentwürfe von Orlando, welche mehrere Jahrhunderte überdauern und u.a. dann auch wie er, in einem wahrhaft unglaublich toll verfassten Moment, zu einer Frau wird. Und nun muss Lady Orlando plötzlich in der damaligen Zeit als Frau mit männlichen Erfahrungen Fuss fassen und dem Druck der Gesellschaft standhalten.
Das Buch wurde im Jahr 1928 publiziert und Virginia Woolfs Freundin diente als Vorbild für die Figur von Orlando. Ich finde es geht die komplexen Fragen rund um Gender und Gesellschaft überaus humorvoll an, bleibt aber dennoch kritisch und zeigt auf feinfühlige Art und Weise auf, was Vorteile des einen, aber auch des anderen Geschlechts, oder dessen gesellschaftlichen Verständnis, im gegebenen Kontext sind. Zudem finde ich es auch einfach eine sehr schöne Geste von Virginia Woolf, einen geliebten Menschen als Vorbild für ihr Buch zu verwenden. Ich habe diese deutsche Übersetzung gelesen, bei welcher jedes Kapitel auch noch mit einem Bild von Orlando anfängt und kann sie euch wärmstens empfehlen.