Zufällig stolperte ich über das Buch und liess es zunächst unbeachtet liegen. Dann aber, zum Nichtstun verdonnert mit einem gebrochenen Fuss, begann ich zu lesen und konnte es nicht mehr aus der Hand geben. Fand es super spannend. Die bis dato konsumierten Schlagzeilen ergaben plötzlich einen Sinn. Dass die unscheinbare, grosse Schwester der Dietrich von Berlin nach Bergen-Belsen verschlagen wurde - nein, nicht als Deportierte! -, sondern nur wegen ihrem Mann, den die Nazis dorthin versetzten als Manager eines Kinos, war schon heftig. Kurz: die ganze Bio liest sich modern, spannend, abwechslungsreich. Das “Buchpersonal” ist prominent - so nebenbei erfährt man allerhand über die grossen Namen des Films -, vor dem geschichtlichen Hintergrund Deutschlands der goldenen Zwanziger, der Schreckensherrschaft der Nazis der 1930er und 1940er Jahre bis in die Blütezeit des Wiederaufbaus der 1950er.
Das ganze Buch wimmelt also nur so von Fakten, Namen, Filmen, Liedern (die zu Evergreens mutierten), die das Leben der Dietrich beschreiben. Am Schluss schliesst sich der Kreis, indem auch kurz Romy Schneider, quasi als deren Seelenverwandte und würdige Nachfolgerin, hingewiesen wird. Kurz: mit dieser Bio passiert man Revue einer Familie, die einen Superstar hervorgebracht hat.
Hätte ich weniger über Marlene Dietrich gewusst, ich hätte wahrscheinlich dem Buch keinen Glauben geschenkt. So aber hält sich der Autor an Fakten, zitiert den Briefverkehr der (verleugneten) Schwestern lebendig. Auch ohne die entsprechenden Ehemänner zu kennen, bekam man doch eine Vorstellung, ein Gefühl für diese Partner im Hintergrund. Und jetzt weiss ich natürlich auch, warum Marlenes einzige Tochter Maria Riva heisst: durch ihren Ehemann. Ich dachte nämlich lange, Marlenes Mann habe so geheissen. Aber nein, das war der Name des 2.Mannes von Maria, mit dem sie 4 Söhne hatte. Komisch dabei nur - ich dachte ja, der Contergan-Skandal sei in den 1960er-Jahren in Deutschland ausgebrochen -, dass Marlene Dietrich ihrer Tochter Vorwürfe machte, dass diese dieses Schmerzmittel 1958 eingenommen habe, sodass ihr 3.Enkelssohn behindert zur Welt kam. Machte mich zwar stutzig, dachte mir aber, dass damals die USA Europa in vielem voraus waren. Warum dann nicht auch mit dem Contergan-Medikament?
Für alle Film- und Geschichtsfans empfehlenswert zu lesen.