Dieses Buch erzählt eine Liebesgeschichte - oder zwei. Jedenfalls ist es eine Liebeserklärung einer Tochter an ihre verstorbene Mutter.
Antonia Weber ist verstorben. Ihre Tochter ist dabei, ihre Wohnung, ihre Sachen zu räumen. Beim Räumen und Betrachten der Dinge, die ihre Mutter besessen hat, ist sie in Gedanken ganz bei der Mutter und deren Geschichte - der grossen Liebesgeschichte in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts zwischen ihrer Mutter Antonia und Edgar. Das Kennenlernen, die ersten Treffen, die sich entwickelnde Liebe, die Gespräche, Berührungen. Sehr zart und in einer feinen, guten Sprache. Die Charaktere werden sehr gut dargestellt. Die Gedanken sind sehr ehrlich, ausgesprochen feinfühlig, direkt zärtlich und enthüllen das Wesen von Antonia in einer Weise, auf die man sie richtig kennenlernen kann. Weshalb die Verlobung auseinanderging, die Beziehung sich löste und die beiden getrennte Wege gingen? Die späteren Treffen bringen auch keine Klarheit.
Antonia ist eine junge Frau, die sich ihrer Eigenständigkeit bewusst ist und abwägt, wie weit sie ihr Leben an eine andere Person binden will. Ihre Entscheidungen vertritt sie konsequent, auch wenn sie für diese keine Anerkennung findet.
Die Geschichte geht nahe, die Liebesgeschichte, die geschickt eingewebten Kapitel, in welchen das Szenario zur Tochter, deren eigenem Leben und ihrer Familie wechselt, ist hervorragend erzählt. Der Anfang, in dem beschrieben wird, wie die Tochter die verstorbene Mutter sieht, sie berührt, wird am Ende auf eine besondere Art wieder aufgenommen und findet einen guten Abschluss.
“Warum nur wirkt alles Schöne wie etwas Geborgtes?” Als Antonia daran denkt, dass das Haus, die Familie von Edgar ihr bleiben wird, auch wenn sie weit weg ist.
“Ein Geisterkind, das alles über sie gewusst hatte, über sie und Edgar, und deshalb wieder verschwunden war.”
“‘Mut und Schuld’, daran musste ich wider denken. Ich hatte nicht herausgefunden, worauf sich die Notiz meiner Mutter bezog, aber diese beiden Begriffe, im Paar, waren für mich wie eine Aufforderung, eine Aufforderung, mich nicht mehr davor zu fürchten, verwundbar zu sein.”
“‘Du musst dir keine Sorgen machen’, hatte sie zu mir gesagt, mit ihrer jungen, zuversichtlichen Stimme. ‘Du wirst den Reichtum deiner Gedanken haben’.”
Ich finde es ein aussergewöhnliches, aussergewöhnlich gutes Buch. Angenehm zu Lesen, grossartig geschrieben und eine grosse Empfehlung.
5 Herzen + von mir.