Von Victor Jestins erstem Roman „Hitze“ war ich bereits sehr begeistert (hier nochmals die ausdrückliche Empfehlung 😉)! Und auch sein zweites Werk, wieder bei @keinundaberverlag erschienen, reicht an den Erstling heran.
Jestin schafft es, eine ungeheure Intensität auf wenigen Seiten zu schaffen. Seine Schreibe ist dermassen dicht und unmittelbar, dass man wunderbar darin versinken kann, alles beinah hautnah miterlebt.
In „Der Tanzende“ dreht sich alles um Arthur. Startend im zarten Alter von 10 erfährt der Leser spotlight-artig Eckpunkte und Episoden im Leben von Arthur, bis er ca. 40 ist. Trotz der knappen Kapitel und nur bruchstückhaften Erzählung glaubt man, Arthur bis ins Intimste über die Jahre zu kennen.
Arthur ist ein Aussenseiter, bereits als Kind. Früh beginnt sich sein Leben um einen Nachtclub zu drehen. Obwohl er anfänglich nirgends Anschluss findet, sich als junger Mann lange kaum getraut zu tanzen, findet er Schritt für Schritt in den Rhythmus des Lebens. Allerdings nur als tanzender Clubber. Im Leben draussen, im Alltag kommt er nie an. Versemmelt Beziehungen, Freundschaften, Jobs, lebt mit jedem Jahr mehr und mehr nur für die Nacht. Er lebt durch oberflächliche Assimilierung, Imitation und Aufrechthalten einer Scheinwelt. Der Club wird als Aggregat aus Hierarchiezonen beschrieben. Das Leben kondensiert auf kleinem Raum. Durch diese Zonen lernt Arthur zu manövrieren über die Jahre. Aber eben nur im Raum des Nachtclubs.
Klingt traurig, ist es auch, in gewissem Sinne. Als Leser leidet man mit Arthur mit, mit seinen Bemühungen, seinen Verfehlungen, seinem Scheitern, seinen Hoffnungen. All das hat eine Intensität (und emotionale Tiefe), wie ich sie nur sehr selten bei Autor:innen erlebe. Empfehlung ohne Abstriche!