Das Buch von Katherine Webb fand im Wanderbuchpaket 2.0 zu mir. Ich hätte es im Laden aufgrund des etwas süsslichen Covers und des entsprechenden Titel nicht gross angeschaut. Der Originaltitel ist “The English Girl” - das gefällt mir besser zu der vporliegenden Geschichte, in der es um ein englisches Mädchen geht. Genauer um zwei englische Mädchen, wovon die erste, Maude, 1909 nach Oman kam und die zweite, Joan, 1958.
Joan hat Archäologie studiert und ist eigentlich eine Suchende. Ihr Leben war bislang gefangen in Konventionen und sie selbst hatte auch Angst, daraus auszubrechen, etwas zu riskieren, was ihre Umgebung nicht gut finden würde. In Maude lernt sie nun eine Frau kennen, die alle Konventionen gebrochen hat.
Vordergründig geht es in der Geschichte um die Entdeckung des Orients und der Wüste aus fast naiv-verklärten Motiven.. Das Grundthema, welches die Autrin Katherine Webb jedoch zwischen den Zeilen verpackt, ist jedoch die Geringschätzung von Frauen und der Verrat an ihnen durch Männer einerseits und die Lügen um Homosexualität andererseits. Dazu spielt im Hintergrund auch die Frage hinein, was das koloniale Verhalten der Europäer im Orient anrichtet. Die Wüste mit ihrer Stille, ihrer Unerbittichkeit wirkt hier als Ort der Selbstfindung in dem Sinne, dass man auf sich selbst zurückgeworfen und im Überlebensmodus in dieser Weite aus Sand und Felsen nicht länger sich selbst belügen kann.
Katherine Webb richtet ihren Erzählstil ganz auf die Zeitebenen im Buch aus, sodass es älter scheint als es wirklich ist (2016). Es liest sich sehr flüssig und zeigt in Verbindung mit unserem heutigem Hintergrundwissen, dass Frauen eigentlich heute noch mit den gleichen Problemen kämpfen - Anerkennung und Akzeptanz ihrer Fähigkeiten und Leistungen. Mir kam “Eine Frage der Chemie” von Bonnie Garmus in den Sinn.