Als der Lektorin dieses Buch 1973 in die Hände fiel, war es eines von vielen, dass sie zu lesen hatte. Sie, die sich zum Ziel gesetzt hatte, schwarzen Autorinnen Stimme und Geltung zu verschaffen meinte anschliessend, dass “nach Corrigendora kann kein Roman über eine schwarze Frau mehr sein wie vorher.” Es war Toni Morrison, die spätere Nobelpreisträgerin, die so den Roman von Gayl Jones adelte.
Doch was erwartet den Leser und die Leserin? Die Geschichte der Blues-Sängerin Ursa Corregidora, die von ihrem Ehemann Mutt Thomas die Treppe runter gestoßen wird und als Folge so Gebärmutter und Fötus entnommen kriegt. Sie ist Nachfahrin von Sklavinnen, die für den Portugiesen Correggidora anschaffen mussten. Grossmutter und Urgrossmuttter wurden von dem brutalen Zuhälter gleichermaßen sexuell ausgebeutet. Immer wieder lauscht sie den Stories der beiden alten Frauen über den brutalen Portugiesen. Und immer wieder hört sie, wie die beiden alten Frauen flüstern, dass man die Papiere zu den Greueltaten verbrennen könne, aber die Narben der Seele, die verheilten nie mehr. Sie leben in jeder nachkommenden Generation weiter. Und mit jedem Kind, dass geboren werde, erwache neue Kraft und diene als Beweis der Greuel, die den versklavten Frauen wiederfahren sind. Ursa kann nicht mehr gebären. Immer wieder muss sie sich für ihren Körper wehren, der nach dem Sturz nichts mehr fühlt, wie vorher. Wir sind im Jahr 1947, da ist für die Mehrzahl der Männer der Körper ihrer Frau “Besitztum”. Da wird aber auch über das sexuelle Erwachen schwarzer Frauen gesprochen. Das sind einfache Frauen, und so spendiert Ihnen Gayl Jones ihre Sprache. Kurze Sätze, rhythmische Wiederholungen, fast mantrische Wiederholungen, nie süss und anbiedernd, sondern hart, klagend, mit vielen F-Wörtern durchsetzt, so liest sich das Buch. Nichts wird weichgespült, da ist Wehmut und Anklage wie im Blues. Diese Geschichte dieser selbstbewussten und von ihren Vorfahren so verfluchten jungen Frau fesselt, fordert und hallt nach, kein Buch, das man vergessen kann. Die Autorin wurde dadurch zum literarischen Star, Leute wie James Baldwin feierten sie, bevor sie vom Literaturbetrieb vergessen wurde. Jetzt bringt der Kanon-Verlag dieses Juwel in einer Neuübersetzung von Pieke Biermann.