Roqi ist der letzte der 5, die unter demselben Mond geboren wurden. Für sein Stamm war das ein Wunder, aber ein glückliches? Überleben ist alles, was zählt. Die Alten hofften sogar, dass nicht alle Frauen ihre Kinder würden gebären können, da die Vorräte knapp geworden waren. Aber alle Kinder kamen auf die Welt. Und wuchsen auf, und suchten ihre Gabe. Ama erhielt die Gabe des Geschichtenerzählen, Beri erhielt die Gabe des Feuers, Ocho erhielt die Gabe der Seile und Cato die der Steine. Hona war noch zu jung, sie hatte ihre Gabe noch nicht erkannt. Und Roqi, obwohl fast gleich alt wie die anderen, hat seine Gabe auch noch nicht. Sie gehen auf die Jagd. Da erkennt Roqi, was seine Gabe ist: Die des Tötens. Obwohl er es nicht mit ganzem Herzen will, kann er es nicht leugnen. Er hat mit einem Stein einen Blattfresser getötet. Nun muss Yabo von den Geistern ihn in den Stamm aufnehmen, und seine Gabe in einer Zeremonie anerkennen. Doch die Kinder werden auf dem Weg zurück von einem Feuersturm eingeschlossen. Sie können sich nur retten, indem sie alle in einem Teich untertauchen. Als sie zum Lager zurückkommen, ist es unter einer dicken Schicht Asche begraben. Ihre Familien haben es nicht zum nahen Fluss geschafft, weil das Feuer ihnen den Weg dorthin abgeschnitten hatte. Jetzt sind sie auf sich allein gestellt. Sie errichten ein neues Lager, aber bald erkennen sie, dass sie wieder in die Nähe von Menschen müssen, sie sind auf die Fertigkeiten von Erwachsenen angewiesen. Also ziehen sie Richtung Wärme. Dort begegnen sie zuerst Nioqo, dem Wanderer und dann Hiti, Namensgeber seines Stammes. Er ist mit seinem Clan auf der Suche nach Giganten. Die Jagd auf die Giganten macht die Kinder zu Erwachsenen, ohne einen Jagderfolg bleibt man ausgeschlossen. Roqi hat die Spur eines Giganten entdeckt, und Hiti nimmt ihn und seine Gruppe aus Dankbarkeit auf. Als die Jagd beginnt, muss Roqi zurück bleiben, denn Yabo von den Geistern hat ihn und seine Gabe ja noch nicht anerkannt. Auch wenn er es nicht mehr konnte, denn er war ja tot. Aber Hiti verweigert ihm trotzdem die Teilnahme. Roqi schleicht ihnen dennoch nach. Und die Jagd wird zum Desaster, Hara, Hitis Tochter, wird getötet. Roqi trägt das Zeichen des Unglücks und wird ausgestossen. Auch Ama und Ocho verlassen ihn. Nun ist Roqi allein. Wohin soll er sich wenden? Er geht zurück in Richtung Meer. Dort findet er den letzten Giganten und folgt ihm einen Mond lang. Er wird ihn töten, und dann wird er endlich zum Mann.
Davide Morosinotto sucht sich keine Mainstream-Themen aus. Sein Buch über eine chinesische Piratin hat mir gefallen, und ich habe beim Lesen dieses Klappentextes gedacht: Wow, Steinzeit. Ich kenne nicht viele Geschichten über die Steinzeit, bin mal gespannt, wie das so kommt. Aber Morosinotto hat sich gut vorbereitet, im Nachwort beschreibt er, wie er in einem norditialienischen Nationalpark einen mehrtägigen Kurs besucht hat, und auf der Via Dei Parchi alleine nachts im Wald geschlafen hat. Die dortige Dozentin, Eliza Winkler, hatte berichtet, dass die Stämme der Steinzeit, da sie sehr eng zusammenlebten, fast schon telepathisch-mentale Verbindungen untereinander hatten, und das fliesst auf sehr eindrückliche Weise in die Erzählung ein. Morosinotto schreibt “signalisiert”, “bedeutet”, “empfing eine Botschaft” anstatt “sprechen”. Vorallem, wenn sie auf einer Jagd sind. Die Namen für die Tiere und die Pflanzen sind sehr symbolhaft: “Blattfresser”, “Schreckensvogel”, “Fleckenkatze”, “Schildschlepper”, “Dunkelnadel”. So wird die Stimmung in dieser steinzeitlichen Landschaft in Florida um 12′000 v.Chr. sehr gut fühlbar. Es geht ums nackte Überleben: Wasser, Feuer, Nahrung und Unterschlupf sind die wichtigen Bestandteile, ohne die es keine Chance gibt. Morosinotto hat das Buch ohne Entwurf geschrieben, und das Ende war auch für ihn hart. Aber es geht letztlich darum, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Man würde sich wünschen, dass Kinderbücher immer gut ausgehen, es immer ein Happy End gibt. V.a. weil die heutigen Kinder ja auch kein Schoggileben führen. Vielen geht es vielleicht materiell gut, aber nicht seelisch. Dennoch ist es vielleicht gerade deswegen wichtig, sich selbst einzugestehen, dass wir den Mächten des Lebens heute wie damals ausgeliefert sind, und dass Entscheidungen getroffen werden, die uns falsch vorkommen, die wir aber dennoch nicht verhindern können. Und dass wir einzig versuchen können, unseren eigenen Weg zu gehen, um mit uns selbst im Reinen zu sein.